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Feindbild Journalist: Angst vor Selbstzensur

Im Lokaljournalismus wirken sich Sicherheitsbedenken laut einer neuen Studie auf kritische Berichterstattung stark aus. Die wichtigsten Punkte der Studie im Überblick.

Leipzig – Die Studie „Feindbild Journalist:in 8: Angst vor der Selbstzensur“ des European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) ist heute erschienen.

 

Die Ergebnisse in Kürze:

  • Angriffe wieder angestiegen: Mit 69 Angriffen steigt das Niveau der Fallzahlen wieder an
  • Demonstrationen – der gefährlichste Arbeitsplatz: 77 Prozent aller Fälle ereigneten sich bei Demonstrationen (53 von 69 Fällen), davon 40 Prozent bei pro-palästinensischen Versammlungen (21 von 53 Fällen)
  • Prekäre Arbeitsverhältnisse: In mindestens 59 Prozent der Fälle lag ein freiberufliches Arbeitsverhältnis vor (41 von 69 Fällen)
  • Übergriffe im Lokalen: Sieben physische und acht nicht-physische Angriffe auf Lokaljournalisten
  • Sachsen – Hotspot rechter Gewalt: 79 Prozent der Angriffe gegen Medienschaffende seit 2015 erfolgten aus dem rechten Spektrum (92 von 117 Fällen)
  • „Blinde Flecken“ in Sachsen: Im Lokalen zeigen sich in Sachsen Anzeichen von Selbstzensur und zunehmend ausbleibender Berichterstattung in Folge extrem rechter Raumaneignung
  • Schwerpunkt Berlin: Berlin ist mit 25 Fällen das am häufigsten betroffene Bundesland
  • Gesamtschau 2015-2023: Das ECPMF dokumentierte 390 Fälle

 

Die Zahl der physischen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten stieg im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 wieder an. Nach 56 Fällen im Jahr 2022 verifizierte das ECPMF für 2023 69 Fälle von physischen Angriffen auf Journalisten. Seit nun mehr vier Jahren befinden sich die jährlichen Zahlen von Angriffen auf Journalisten verglichen mit dem Aufkommen vor der Corona-Pandemie – durchschnittlich rund 23 Fälle pro Jahr zwischen 2015 und 2019 – auf einem hohen Niveau. Die Annahme, dass mit der Marginalisierung der Querdenker-Bewegung und dem damit gekoppelten abnehmenden Versammlungsaufkommen auch die Zahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland sinkt, hat sich nicht bestätigt.

 

Wo es die meisten Übergriffe gab

Berlin löst Sachsen als Spitzenreiter für 2023 bei den tätlichen Angriffen auf Journalisten im Vergleich zum Vorjahr ab. Zwar verzeichnet Sachsen mit 13 Fällen mehr als im Vorjahr (11 Fälle), jedoch weist Berlin mit 25 tätlichen Angriffen einen deutlich höheren Wert auf. Von den 25 Fällen ereigneten sich 21 im Umfeld pro-palästinensischer Demonstrationen. Danach folgt Bayern mit sechs Fällen.

Fokus Lokaljournalismus: Sicherheitsbedenken wirken sich auf kritische Berichterstattung aus
In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hat das ECPMF auch im vergangenen Jahr die Bedrohungslage des Lokaljournalismus beobachtet. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl physischer Angriffe auf Lokaljournalist:innen gesunken. Insgesamt wurden sieben physische und acht nicht-physische Angriffe registriert. Im Jahr 2022 lag die Anzahl physischer Angriffe noch bei 12. Einige der Lokaljournalisten, die 2023 Ziel von physischen und nicht-physischen Angriffen wurden, waren auch in der Vergangenheit betroffen. Bereits in der letzten Studie wurde darauf hingewiesen, das fehlende Anonymität im Lokalen ein Sicherheitsproblem für Lokaljournalisten darstellen kann.

 

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