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Newsroom – Georg Taitl

Rufe aus dem Publikum: Ulf Poschardt ein „genozidales Schwein“

Rufe aus dem Publikum: Ulf Poschardt ein „genozidales Schwein“ Ulf Poschardt (Foto: Mirjam Reither/picturedesk.com)

Der „Welt“-Herausgeber setzte bei den Wiener Kongressen zur Verteidigung Israels an. Benjamin Netanjahu sei ihm näher als sein Vorredner Festwochen-Intendant Milo Rau. Worum es genau ging.

Wien – Auf den diesjährigen Wiener Kongressen sorgte „Welt“-Herausgeber Ulf Poschardt mit seinem Bekenntnis zu Israel für Aufsehen: „Benjamin Netanjahu ist mir näher als Milo Rau“, rief er seinem Vorredner, Festwochen-Intendant Milo Rau, entgegen, nachdem dieser Israel für seine Politik kritisiert hatte. Poschardts spitze Bemerkung löste laute Buhrufe aus dem Publikum aus und brachte die Debatte um das Diskursformat fast zum Erliegen.

 

Der Eklat im Theater Akzent
Eigentlich war Poschardt eingeladen, sein neues Buch Shitbürgertum vorzustellen und über „Cancel Culture“ zu sprechen. Doch er brach sein Manuskript ab und widmete seine Rede der Israelischen Defense Force (IDF). Er warf Rau vor, bei internationalen Konflikten einseitig zu urteilen – „bei den Taliban: Schweigen; bei Assad: Schweigen; sonst wo in der arabischen Welt: Schweigen“ – und erklärte: „Diese Rede widme ich der IDF, weil sie den Antisemitismus mit Waffengewalt bekämpfen muss, der auch im deutschen Kulturbetrieb sein Unwesen treibt.“ Diese Zuspitzung führte zu Tumulten, einzelne Zuschauer beschimpften Poschardt gar als „genozidales Schwein“.

 

Worum ging es genau?
Die Wiener Kongresse sind Teil der Wiener Festwochen und greifen unter dem Motto „Kulturkriege“ kontroverse Themen auf. Poschardt fühlte sich von den einseitigen IS-Kritiken überrascht und wollte eine Gegenposition vertreten. Sein Ziel war, die Debatte um Israel in einen breiteren Kontext zu stellen und das Publikum zu einer differenzierteren Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Nahost-Politik zu bewegen.

  • Einseitigkeitsvorwurf: Poschardt kritisierte, dass westliche Intellektuelle meist nur Israel in die Pflicht nehmen, während autoritäre Regime und terroristische Gruppen kaum thematisiert werden.
  • Solidarität mit Netanjahu: Sein Bekenntnis zur israelischen Regierung und Armee war Ausdruck seiner Sorge, Judenfeindschaft in Europa müsse entschieden entgegengetreten werden.
  • Angriff auf Rau: Milo Rau, bekannt für seine linkskritische Haltung, wurde von Poschardt exemplarisch als Vertreter eines „links-grünen Cancel-Culture-Milieus“ bezeichnet.


Reaktionen und Debatte
Während der „Jüdischen Allgemeinen“ zufolge Poschardt seine Rede auf X veröffentlichte und verteidigte, sah die österreichische Tageszeitung die „Presse“ in der Aktion einen Mini-Eklat, der jedoch ein „abgekartetes Spiel“ des kuratierten Formats gewesen sei. Die taz kommentierte scharf, Poschardts Auftritt offenbare das Scheitern eines Dialogformats, das Vielfalt predigt, aber bei Widerspruch schnell aus der Bahn gerät.