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Karlsruhe: Regierung muss Julian Reichelts Polemik aushalten

Karlsruhe: Regierung muss Julian Reichelts Polemik aushalten Julian Reichelt

Das Bundesverfassungsgericht gibt Reichelt Recht, der die deutsche Entwicklungshilfe für Afghanistan so scharf wie polemisch kritisiert hatte.

Karlsruhe (KNA) – Staatliche Institutionen und die Bundesregierung müssen auch scharfe und polemische Kritik aushalten. Dies betont das Bundesverfassungsgericht in einer am Dienstag veröffentlichten medienrechtlichen Entscheidung. Die Karlsruher Richter erläuterten, dem Staat komme kein „grundrechtlich fundierter Ehrenschutz“ zu. Zwar müssten auch staatliche Einrichtungen vor verbalen Angriffen geschützt werden. Die Meinungsfreiheit dürfe dabei aber nicht unzulässig eingeschränkt werden.

 

Die Karlsruher Richter gaben einer Verfassungsbeschwerde des ehemaligen „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt statt. Er hatte im August 2023 auf X (vormals Twitter) einen Online-Artikel zur deutschen Entwicklungshilfe für Afghanistan verlinkt und polemisch kommentiert: „Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro Entwicklungshilfe an die Taliban!“ Deutschland sei zu einem „historisch einzigartigen Irrenhaus“ geworden.

 

Die Bundesregierung wehrte sich gegen die Polemik und erwirkte vor dem Kammergericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen den Journalisten, wonach er diese Aussagen unterlassen müsse. Das Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidung auf und wies den Fall zur erneuten Entscheidung nach Berlin zurück.

 

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Grundpfeiler der freiheitlich-demokratischen Ordnung sei besonders hoch zu achten, weil die Meinungsfreiheit wichtig sei für das unter besonderem Schutz stehenden Prinzip der Machtkritik, betonte die 1. Kammer des Ersten Senats. Daher dürften Meinungsäußerungen auch nicht leichthin als unzulässige falsche Tatsachenbehauptung oder Schmähkritik eingestuft werden. Meinungsäußerungen seien auch dann zulässig, wenn sich dabei Tatsachen und Meinungen vermengten.