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Olympische Spiele im Rückblick: Wie dapd-Sportchef Sebastian Holder London 2012 erlebt hat

5600 Journalisten aus aller Welt haben die Olympischen Spiele in den vergangenen Wochen auch zu dem Medien-Ereignis überhaupt gemacht. Doch hat in London wirklich alles geklappt?

Berlin - Für NEWSROOM hat Sebastian Holder, Sportchef der Nachrichtenagentur dapd, seine persönlichen Eindrücke von den Olympischen Spielen aufgeschrieben. Holder reflektiert London 2012, findet viele lobende Worte für sein Team: "Mein Respekt für meine Mitarbeiter könnte nicht größer sein, sowohl was ihre Kompetenz angeht, aber auch den Einsatz."

Wen die Olympischen Spiele nicht in ihren Bann ziehen, dem ist wohl nicht zu helfen. Auch Routine hilft nicht dagegen. Olympia ist das größte Sportereignis der Welt. Und für viele Menschen war ein Olympisches Erlebnis wohl ein Grund, sich dem Sport zu widmen, in welcher Form auch immer. Für Sportjournalisten gilt das ebenso. Bei den Olympischen Sommerspielen dabei zu sein, ist alle vier Jahre der Höhepunkt im Leben eines Sportreporters, auch wenn einige den zunehmenden Kommerz des olympischen Sports beklagen mögen.

 

Sebastian Holder. Foto: dapd

 

 

Für dapd kam die Herausforderung London 2012 gerade rechtzeitig zum ersten Geburtstag des Mitte 2011 gestarteten Sportdienstes. Schon zum zweiten Mal nach Euro 2012 mussten wir uns bei einem derartigen Großereignis dem Wettbewerb stellen – und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Wir hatten 17 eigene Reporter und neun Fotografen vor Ort und eine ebenso große Redaktion in Berlin, die den Dienst gesteuert und auf Basis unseres Partners AP um internationale Geschichten bereichert hat. Und so können wir sagen, dass unsere Olympia-Berichterstattung gleich im ersten Anlauf die gewünschte Flughöhe erreicht hat: in Qualität und Umfang auf Augenhöhe mit den eingespielten Teams der anderen Agenturen und zusätzlich garniert mit den dapd-typischen Autorenstücken als Bonbons.

Und wenn wir, wie beispielsweise im Fall des wegen sexuellen Missbrauchs angeklagten Schwimmtrainers, mit eigenen Quellen und Reaktionen beim Kunden punkten zu können, dann spornte dies das ganze Team an. Auch die intensive Kooperation mit AP kam dem dapd-Sportdienst zugute: So hatten wir zur Halbzeit eines der ganz wenigen Interviews, die OK-Chef Sebastian Coe gegeben hat. Insgesamt haben wir bei Olympia nicht nur in Sachen Foto, sondern auch durch die vielen Hintergrund-Infos von der Kooperation mit AP profitiert.

Es ist uns, denke ich, gelungen, eine gute Mischung aus aktueller Sportberichterstattung, Hintergrund-, Personalgeschichten und bunten Stories anzubieten. Das deutsche Olympia-Team hat es uns auch leicht gemacht, und uns Journalisten die Erfolge beschert, die für leidenschaftliche Reportagen nötig sind, aber auch hier und da für Enttäuschungen gesorgt, die wir auch für unsere Berichterstattung brauchen.

Auch die sozialen Netzwerke spielten erstmals eine große Rolle. Noch stärker als schon bei der Fußball-Europameisterschaft im Juli, tauschten sich die Sportler in London über ihre Wettkämpfe und das Leben im Olympischen Dorf aus, wünschten einander Glück, gratulierten sich gegenseitig oder zogen sich auf und gewährten so einen Blick hinter die Kulissen, den unsere Kunden wollen und den der professionalisierte Fußball nicht bieten kann und will.

Einziges Manko: Olympische Spiele bedeuten nicht nur für die Macher, sondern auch für uns Berichterstatter sehr viel Arbeit. 14 Stunden-Tage waren wie Regel, manchmal mehr. Und nicht jeder ist immer mit dem Schlafdefizit zurechtgekommen. Dennoch oder gerade deswegen ist die Kollegialität auch unter konkurrierenden Medien wahrscheinlich nirgendwo größer als hier, weil man ein Verständnis für einander entwickelt, das die Hektik des Alltags manchmal nicht so zulässt. Uns bei dapd hatte der olympische Geist voll ergriffen und uns beflügelt. Mein Respekt für meine Mitarbeiter könnte nicht größer sein, sowohl was ihre Kompetenz angeht, aber auch den Einsatz.


Die Olympischen Spiele in London waren großartige Spiele. Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass die Briten die höflichsten Menschen der Welt sind, wäre dieser in London erbracht worden. Eine schier unerschöpfliche Zahl an Volunteers beantwortete in der ganzen Stadt jede Frage, zeigte jeden Weg, gab jeden Tipp, stets unterlegt mit einer großen Portion Humor, die Leute waren so freundlich, dass es schon fast kitschig war. Und auch die Soldaten, die einspringen mussten, weil die Sicherheitsfirma nicht genug Mitarbeiter akquiriert hatte, haben mögliche Vorurteile über Armeeangehörige Lügen gestraft.

Es gab kein Verkehrschaos, die Spiele waren sicher und man fühlte sich auch so. Die britischen Medien haben manchmal stark übertrieben, was ihren Patriotismus angeht. Man musste in den Zeitungen schon sehr genau hinsehen, um festzustellen, dass nicht nur Briten am Start waren. Die Zuschauer in den Stadien mit ihrem großartigen Enthusiasmus haben diesen Eindruck allerdings wettgemacht.

Ein Fazit? Wir werden wiederkommen, nicht nur zu Olympischen Spielen, sondern auch nach London.

Sebastian Holder

Sportchef Nachrichtenagentur dapd