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Media Pioneer: Auf dem Weg zur Erfolgsgeschichte – oder nur ein Revolutiönchen?

Media Pioneer: Auf dem Weg zur Erfolgsgeschichte – oder nur ein Revolutiönchen? Gabor Steingart (Foto: APA-Fotoservice/Ludwig Schedl)

Gabor Steingart spricht von großartigen Zahlen und Gewinnzone – doch ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt, wie solide der Aufstieg von Media Pioneer wirklich ist. Wie viel steckt hinter dem Hype?

Berlin – Wie geht’s Media Pioneer? Gabor Steingart beantwortet diese Frage ja immer zuverlässig mit „gigantisch“ bis „großartig“. Er selbst würde in so einem Fall bei näherer Betrachtung vielleicht schreiben, dass das Unternehmen dem Scheinriesen aus Jim Knopf ähnelt: Je näher man ihm kommt, desto mehr schrumpft er. „kress pro“-Chefredakteur Markus Wiegand hat sich in seiner Kolumne „Aus unseren Kreisen“ die Zahlen genauer angeschaut: 

 

Beim European Publishing Congress (EPC) in Wien im Juni verkündete Gabor Steingart, dass es Media Pioneer im vergangenen Jahr erstmals in die Gewinnzone geschafft habe. Nach eigenen Angaben hat der Ende 2018 gegründete Newcomer inzwischen 75.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Das ist in der Tat eine Hausnummer. Zu Umsatz und Gewinn macht man allerdings keine weiteren Angaben. Auf Anfrage teilt Media Pioneer lediglich mit: „Der Umsatz konnte im abgeschlossenen Geschäftsjahr signifikant gesteigert werden, das Unternehmen ist damit das zweite Jahr in Folge EBITDA-break-even.“ Vor Steuern und Abschreibungen stand also auch schon 2023 ein Plus in den Büchern.

 

Rechnen wir mal nach: Steingart legt Wert darauf, keine Werbeerlöse zu erzielen. Einnahmen kommen also nur über die Vermietung des Schiffs als Eventlocation und über die Community der Abonnentinnen und Abonnenten.

 

Der reguläre Preis des Abos beträgt 25 Euro im Monat, also 300 Euro im ersten Jahr. Die ersten sechs Monate Probezeit gibt es derzeit schon für einen Euro pro Woche. Wer sich für ein Jahr verpflichtet, zahlt 99 Euro. Zuletzt ließ Steingart seine Neuabonnenten den Preis sogar selbst bestimmen – und holte so nach eigenen Angaben über 8.000 neue „Pioneers“ an Bord.

 

Geht man von schätzungsweise 65.000 Abos im Jahresdurchschnitt 2024 aus und unterstellt einen durchschnittlichen Erlös pro Abo von 180 Euro, ergibt sich ein Umsatz von rund 11,7 Millionen Euro.

Nicht schlecht für ein Unternehmen, das gerade einmal sechs Jahre am Markt ist. Doch die entscheidenden wirtschaftlichen Fragen lauten: Wie viel hat das Unternehmen bislang investiert, um diese Basis aufzubauen? Und wie lange wird es dauern, das investierte Geld zurückzuverdienen?

Sicher ist: Media Pioneer hat seit dem Jahr 2019 insgesamt 18,2 Millionen Euro an Jahresfehlbeträgen ausgewiesen.

 

Es wird also nicht leicht, diese Summe schnell zu amortisieren. In der Branche ist zu spüren, dass sich digitale Abopreise von mehr als 20 Euro im Monat nur schwer durchsetzen lassen. Andererseits ist Steingart durchaus findig, wenn es darum geht, neue Erlösquellen zu erschließen. So erzählte er am Rande des EPC, dass Media Pioneer in kürzester Zeit 100 Lifetime-Mitgliedschaften für je 5.000 Euro verkaufen konnte. Außerdem fördert die Brost-Stiftung über drei Jahre seine Celebrating Democracy Tour mit insgesamt 450.000 Euro.

 

Fazit: Es ist beeindruckend, was Steingart aufgebaut hat. Ob sich das Ganze wirtschaftlich langfristig lohnen wird, ist jedoch offen. Steingart würde in seinem Briefing vielleicht mit folgendem Satz schließen: Es ist noch keine Revolution – aber vielleicht ein Revolutiönchen.

 

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