Vermischtes
KNA

Lage für unabhängige Journalisten in Kuba immer schwieriger

Seit Ausbruch der Sozialproteste im Ein-Parteien-Staat nimmt laut Presseorganisationen die Repression gegen regierungskritische Medienvertreter immer weiter zu. Dazu nutzt das Regime staatliche Medien und Parteiorgane.

Havanna (KNA)  – Für Camila Acosta endete der Versuch, die Familie eines politischen Gefangenen zu besuchen, bei der Polizei. Stimmen die Angaben der kubanischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (OCDH), dann sei die Journalistin in Cardenas in der Provinz Matanzas abgefangenen worden, „als sie auf dem Weg war, Verwandte von politischen Gefangenen zu besuchen“. Insgesamt seien vor wenigen Tagen „vier Polizeiautos an der Aktion beteiligt“ gewesen. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Informationen nicht. Für die exilkubanische Organisation mit Sitz in der spanischen Hauptstadt Madrid ist der vermeldete Vorfall ein weiteres Beispiel dafür, dass die kubanische Regierung „inmitten der Armut“ auf der Insel „enorme Mittel einsetzt, um die Repressionen gegen Intellektuelle, Gewerkschafter und unabhängige Journalisten zu verstärken.“

 

Die Lage auf Kuba ist dramatisch. Das Land wird von einer Versorgungskrise erschüttert, für die die Ursachen vielschichtig sind. Die offiziell verbotene Opposition spricht von einem fatalen Scheitern des planwirtschaftlich-sozialistischen Modells, die Regierung der einzig offiziell zugelassenen Partei macht Sanktionen und das jahrzehntelange US-Handelsembargo für die prekäre Lage des Landes verantwortlich.

 

Darüber und über die damit verbundenen Sozialproteste zu berichten, wird für regierungskritische Journalisten, die nicht direkt oder indirekt mit der Regierung in Havanna in Verbindung stehen, immer schwieriger – bisweilen sogar unmöglich. Leopoldo Maldonado, Regionaldirektor der Nichtregierungsorganisation „Articulo 19“, die sich für Meinungs- und Informationsfreiheit einsetzt, unterstrich im Rahmen der Veröffentlichung des Regionalberichts Zentralamerika und Kuba, „die Dringlichkeit und die Notwendigkeit, einen freien, unabhängigen Journalismus zu garantieren, der weit entfernt ist von den Zwängen der Macht in Kuba und Mittelamerika“. Kuba sei diesbezüglich immer wieder ein Bezugspunkt, aber nicht wegen dieser romantischen Idee von Wohlstand und Gleichheit, sondern wegen der autoritären Elemente, die viele Länder in ihre Logik und autoritären Tendenz übernehmen würden, so Maldonado.

 

Einschüchterung per Parteizeitung

Ähnlich äußert sich auch die Interamerikanische Pressegesellschaft (SIP) in einer Stellungnahme. Die Diktatur fahre fort, ihre Bürger auf zweifache Weise zu erdrücken: Einerseits durch soziales Elend, zu dem auch die wirtschaftliche Lage, die öffentliche Gesundheit oder die Überwachung auf dem Land und in den Städten gehörten, und andererseits ein Repressionsmechanismus durch die willkürliche Anwendung von Gerichten und Gesetzen, die absolute Kontrolle der öffentlichen Behörden und das Monopol der Telekommunikation und der Medien. „All dies ist den Interessen der Familie von Raúl Castro, Miguel Díaz-Canel und der Führung der Kommunistischen Partei untergeordnet, die über die Staatssicherheit die Repression kontrollieren“, heißt es in der SIP-Stellungnahme.

 

Die Regierung in Havanna greife dabei laut exilkubanischen Portalen auch auf die staatlichen Medien zurück, um regierungskritische Berichterstatter einzuschüchtern. Die Parteizeitung „Granma“ machte ihre Leser darauf aufmerksam, welche Konsequenzen bei unliebsamer Kritik drohen. In einem Beitrag mit dem Titel: „Schutz vor der Missachtung von Amtsträgern, Behörden, deren Agenten oder Hilfspersonen“ erinnerte „Granma“ daran, dass auch Unkenntnis der Gesetzeslage nicht von der Verantwortung für begangene Verbrechen befreie. Die kubanische Gesetzeslage ermöglicht es der Regierung, kritische Berichterstattung mit langen Haftstrafen zu ahnden.

 

Kubas Regierung wiederum sieht die USA als Hauptdrahtzieher für die Proteste im Land. Washington verfolge das Ziel, die Insel zu destabilisieren. Einerseits durch das Handelsembargo, andererseits durch von angeblichen Agenten gezielt angezettelte Proteste, über die die internationalen Medien dann falsch berichteten. Kuba versucht mit einem Netzwerk eigener sowie der Regierung loyal gegenüberstehender Berichterstatter, die offizielle Sichtweise in alle Welt zu transportieren. Die USA sind wiederum das Hauptziel des andauernden Massenexodus aus Kuba. Seit den historischen Sozialprotesten 2021 hätten bereits rund drei Prozent der Bevölkerung die Insel Richtung USA verlassen, berichten US-Medien. Oft riskieren die Kubaner bei der Flucht dabei Leben und Gesundheit.