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„Kontext“ gegen AfD-Mitarbeiter: Gerichtsstreit um rechtsextreme Chats und Quellenschutz

Die Wochenzeitung kämpft vor Gericht um die Veröffentlichung rechtsextremer Chats eines AfD-Mitarbeiters – und um den Schutz ihrer Quellen. Ein Urteil erschüttert den investigativen Journalismus.

Stuttgart – Die Wochenzeitung „Kontext“ steht seit Jahren in einem juristischen Streit mit einem ehemaligen Mitarbeiter der AfD im baden-württembergischen Landtag. Anlass war eine Recherche aus dem Jahr 2018, in der die Redaktion private Chatverläufe veröffentlichte, die ein rechtsextremes Weltbild des Mannes zeigten.

 

Die taz-Journalistin Amelie Sittenauer berichtet ausführlich über den Fall: „Die Chats enthielten Bürgerkriegsfantasien, Menschenfeindlichkeit und rassistisches Gedankengut.“ Trotz umfassender Prüfungen durch das „Kontext“-Team folgte ein jahrelanger Rechtsstreit. Der AfD-Mitarbeiter versuchte zunächst mit einer Abmahnung und später mit mehreren Klagen, die Berichterstattung zu stoppen.

 

Sittenauer zitiert Anna Hunger, eine der verantwortlichen Journalistinnen, mit den Worten: „Es geht nicht mehr um die Chats, sondern einfach darum, uns mundtot zu machen.“ Ein besonderes Problem sei laut Hunger das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahr 2025, das Zweifel an der Echtheit der Chatprotokolle äußert und „Kontext“ zur Unterlassung verurteilt hat.

 

„In diesen Chats sind Ausweise von ihm und seinen Kumpels, abfotografierte Kontoauszüge und Zeugnisse“, erklärt Hunger gegenüber der taz. Sie betont: „Das sind Dokumente, die keiner fälschen kann und auch nicht fälschen wollte.“

 

Der Fall wirft grundlegende Fragen zu Quellenschutz und der Beweiskraft digitaler Dokumente für den investigativen Journalismus auf. Sittenauer schreibt: „Würde der Quellenschutz weiter ausgehebelt, würde über vieles zukünftig nicht mehr berichtet werden.“

 

Die Redaktion von „Kontext“ und ihre Anwälte haben gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Eine Entscheidung wird frühestens 2027 erwartet.

 

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