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Klimajournalismus in der Krise – und wie Redaktionen gegensteuern können

Klimajournalismus in der Krise – und wie Redaktionen gegensteuern können Foto: Boris Zerwann/picturedesk.com

Klimathemen rutschen in der medialen Relevanz nach unten – obwohl sie drängender sind denn je. Was Journalistinnen und Journalisten jetzt tun können, analysieren Sarah Neu, Mia Pankoke und Jeanne Wellnitz im „medium magazin“.

Berlin – In ihrem Artikel im aktuellen „medium magazin“ analysieren Sarah Neu, Mia Pankoke und Jeanne Wellnitz, warum die Klimakrise in vielen Redaktionen aus dem Fokus gerät – und was das für den Journalismus bedeutet. Die Diagnose ist deutlich: Zwischen Kriegen, Wirtschaftskrise und Rechtsruck kämpft Klimajournalismus zunehmend um Aufmerksamkeit. Obwohl eine Mehrheit der Deutschen die Erderhitzung als reale Bedrohung wahrnimmt, verliert das Thema in Nachrichtenportalen, TV und Print an Präsenz.


Einer der Gründe: Die Dauerkrisen überfordern viele – auch Medienschaffende. Klimathemen sind komplex, schwer zu personifizieren, und oft nicht spektakulär genug für Schlagzeilen. Hinzu kommt: Manche Redaktionen fürchten, durch Klimaberichterstattung politisch angreifbar zu werden. Die Sorge, „aktivistisch“ zu wirken, lähmt.

 

Strukturelle Hindernisse im Journalismus

Neben der thematischen Verdrängung erschweren auch journalistische Routinen eine differenzierte Klimaberichterstattung. Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Andrew Revkin diagnostizierte schon 2007 vier systemische Probleme:

  • Die Tyrannei des Neuen verdrängt langfristige Entwicklungen durch kurzfristige Schlagzeilen.
  • Die Tyrannei des Konflikthaften stilisiert den Klimadiskurs zum parteipolitischen Streit.
  • Die Tyrannei von Raum und Zeit lässt wenig Platz für komplexe Zusammenhänge.
  • Und die Tyrannei der Balance stellt wissenschaftlich geklärte Fakten infrage, indem sie scheinbar „objektiv“ Gegensätze konstruiert.

 

Diese Mechanismen führen dazu, dass etwa wissenschaftliche Erkenntnisse zur Klimakrise in Talkshows oder Nachrichtenbeiträgen verzerrt oder relativiert werden. Die Folge: Verunsicherung – oder Resignation.

 

Wie Klimajournalismus trotzdem wirkt – und was Redaktionen tun können

Dabei kann fundierte Klimaberichterstattung messbare Wirkung entfalten. Studien zeigen: Wenn Menschen verstehen, wie Klimaschutz funktioniert, sind sie eher bereit, aktiv zu werden – etwa beim gezielten Kauf und Löschen von CO₂-Zertifikaten.

 

Um solche Effekte zu ermöglichen, müssen Medien neue Wege gehen. Der „Spiegel“ etwa setzt auf einen eigenen Climate Desk, der Ressortgrenzen überwindet, Expertise bündelt und gemeinsame Schwerpunkte plant. „Die Arbeit dort hat uns zusätzlich bestärkt“, sagt Chefredakteur Dirk Kurbjuweit im Protokoll des Artikels. Auch RTL-Meteorologe Paul Heger fordert faktenbasierte Einordnung statt Talkshow-Rhetorik. Die Verantwortung dürfe nicht allein beim Individuum gesucht werden, wie es das von BP propagierte Konzept des „CO₂-Fußabdrucks“ nahelege.

 

Wie gehen Journalistinnen, Aktivistinnen, Meteorologen und Betroffene mit dem Thema um? Welche redaktionellen Formate funktionieren – und welche nicht? Und wie schafft man es, Klimaberichterstattung ohne Alarmismus, aber mit Wirkung zu gestalten?

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