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Kirch zu erschöpft - Gericht bricht Vernehmung ab

Der 84-Jährige konnte sich aber nur flüsternd und stockend mithilfe einer Mitarbeiterin verständlich machen. Nach anderthalb Stunden brach das Oberlandesgericht München die Anhörung auf Anraten von Kirchs Hausarzt ab.

München (dapd). Der schwerkranke Medienunternehmer Leo Kirch ist im Schadenersatzprozess gegen die Deutsche Bank am Freitag zum ersten Mal selbst als Zeuge vor Gericht aufgetreten. Der 84-Jährige konnte sich aber nur flüsternd und stockend mithilfe einer Mitarbeiterin verständlich machen. Nach anderthalb Stunden brach das Oberlandesgericht München die Anhörung auf Anraten von Kirchs Hausarzt ab. Kirch sei nicht mehr vernehmungsfähig und werde für einen anderen Tag erneut vorgeladen, entschied der Senatsvorsitzende Guido Kotschy.

Neun Jahre nach der Pleite seines Medienkonzerns traf Kirch im Gerichtssaal zum ersten Mal den damaligen Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer wieder, den er persönlich für die Insolvenz seines Medienkonzerns im April 2002 verantwortlich macht. Kirch grüßte den bereits anwesenden Breuer nicht, als er im Rollstuhl in den Saal gefahren wurde.

Breuer hatte im Februar 2002 in einem Fernsehinterview bezweifelt, dass die schwer angeschlagene Kirchgruppe weitere Bankkredite bekommen werde. In mehreren parallelen Prozessen fordern Kirch und ein Pool ehemaliger Kirch-Firmen insgesamt 3,3 Milliarden Euro von Breuer und der Deutschen Bank.

Zunächst lachte Kirch im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Dann erklärte er mit stockender, kaum hörbarer Stimme dem Senat, jedes Wort bereite ihm große Mühe. Eine langjährige Mitarbeiterin übernahm die Rolle einer Dolmetscherin und wiederholte seine geflüsterten Antworten laut. Kirchs Anwalt Wolf-Rüdiger Bub sagte: "Er sieht auch nicht."

Zwtl: Schulden als Geschäftsgrundlage

Kirch sagte, er habe immer mit geliehenem Geld gearbeitet. Schon seinen ersten Film "La Strada" habe er 1956 für 25.000 Mark auf Kredit gekauft, denn "das ging über meine finanziellen Möglichkeiten hinaus". Dieses Problem habe er in wachsenden Größenordnungen immer gehabt bis zu einer Verschuldung von sechs Milliarden Euro im Jahr 2001. Aber so habe das Geschäft funktioniert. "Meine Geschäfte sind kapitalinsensiv", erklärte Kirch. Damals habe die Deutsche Bank ihre Geschäftsbeziehungen mit ihm ausbauen wollen. Das habe ihm Breuer persönlich erklärt.

Breuer verfolgte Kirchs Aussagen mit hochgezogenen Augenbrauen und verschränkten Armen. Bevor er oder seine Anwälte Stellung nehmen und Kirch befragen konnten, wurde die Vernehmung abgebrochen.

Zwtl: Noch viele Instanzen

Der Bundesgerichtshof hatte Breuer wegen seines Interviews als Bankchef bereits 2006 Pflichtverletzung vorgeworfen und Kirch grundsätzlich Schadenersatz zugestanden. Allerdings nur für die Unternehmen, die eine direkte Geschäftsbeziehung mit der Deutschen Bank hatten, und nur dann, wenn Kirch einen direkten Schaden aufgrund des Interviews nachweisen kann.

Unstrittig ist, dass die KirchBeteiligungs-GmbH, in der Kirch seine 40-Prozent-Beteiligung am Axel-Springer-Verlag gebündelt hatte, per Kreditvertrag mit der Deutschen Bank verbunden war. Aber das Landgericht München hatte Kirchs Forderung über 1,3 Milliarden Euro abgewiesen, weil Breuers Interview nicht die Ursache für die Insolvenz der Kirch-Gruppe gewesen sei.

Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht wollen 17 weitere Kirch-Gesellschaften 2,0 Milliarden Euro Schadenersatz, weil bereits eine Art Vorvertrag bestanden habe. Die Bank bestreitet das. Ob das so war, soll jetzt die Beweisaufnahme klären.

Der Senat prüft auch, ob Breuer Kirch mit dem Interview gezielt unter Druck setzen wollte, um von ihm ein lukratives Beratungsmandat bei der Sanierung des Konzerns zu erhalten und in Absprache mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ausländische Medienzaren außen vor zu halten. Sollte Kirch recht bekommen, müsste er auch in diesem Verfahren wieder in die erste Instanz und vor dem Landgericht Ursache und Höhe des Schadens beweisen, um eines Tages tatsächlich Geld zu bekommen.