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Karin Zauner: „Es geht um unser aller Freiheit“

Karin Zauner: „Es geht um unser aller Freiheit“ Karikatur: Thomas Wizany/SN

„Pressefreiheit bedeutet für manche, dass sie sagen können, was sie wollen, und zwar unwidersprochen. – Das ist infam“, schreibt die Chefredakteurin der „Salzburger Nachrichten“.

Salzburg – Tausende Arbeitsplätze gehen in der Industrie und im Handel verloren. Da mögen einem Hunderte gefährdete Journalistenjobs in der Medienbranche vergleichsweise wenig erscheinen. Aus persönlicher Sicht macht es keinen Unterschied, in welcher Branche man arbeitet. Wer seinen Arbeitsplatz verliert, ist verletzt, verunsichert und hat Ängste, schreibt Chefredakteurin Karin Zauner in der Samstagausgabe der „Salzburger Nachrichten“. Und weiter: 
 
Dennoch muss das, was in der Medienbranche passiert, anders betrachtet werden. Denn es geht nicht nur um einzelne Menschen, sondern auch um die sogenannte vierte Gewalt im Staat, die auch das staatliche Handeln kontrolliert.
 
In vielen Ländern sind Journalistinnen in Gefahr, bedroht oder gar getötet zu werden. So gesehen leben wir in Österreich auf einer Insel der Seligen. Journalisten können in diesem Land ihrer Arbeit weitgehend frei nachgehen. Dennoch finden stetig Verschiebungen statt, auf die man achten muss. Denn wenn die Freiheit der Medien bedroht ist, geht es um unser aller Freiheit.
 
Dieser Tage feiern wir in Österreich 80 Jahre Pressefreiheit. Die „Salzburger Nachrichten“ wurden am 23. Oktober 1945 erstmalig als österreichische „Unabhängige demokratische Tageszeitung“ herausgegeben.
 
Und heute? Da ist es auch in Österreich modern geworden, Journalisten zu diskreditieren. Nicht wegen konkreter Fehler, sondern es wird ganz allgemein von Staatsmedien, gekauften Zeitungen oder Lügenpresse schwadroniert. Medienfreiheit bedeutet für manche Politiker, dass sie das sagen können, was sie wollen – und zwar unwidersprochen. Damit sie ungestört schalten und walten können, halten sie sich auch mit viel Steuergeld finanzierte eigene „Medien“, die keine sind. Kritische Betrachtung, Recherche, Fakten? Das ist auf Politplattformen nicht vorgesehen.
 
Stattdessen wird dem Blasenpublikum vorgegaukelt, hier würde es echten Journalismus finden, weil die anderen Medien versagten. Das ist infam.
 
Gleichzeitig wird immer öfter versucht, Redakteurinnen vom Zugang zu Informationen abzuschneiden, sie zu behindern, mit Klagen einzuschüchtern oder mit Dauerbeschimpfungen auf Trab und von der Arbeit abzuhalten.
 
So weit die qualitative Betrachtung – gemeinsam mit der wirtschaftlichen ergibt das ein Bild: In den USA hat das Kriegsministerium verfügt, dass US-Medien nur mehr berichten sollen, was die Regierung genehmigt. Das alles funktioniert, weil in den USA breite Landstriche quasi ohne unabhängige regionale Zeitungen auskommen müssen und die Konzentration der Medien gewaltig ist. Der Einfluss auf wenige Konzerne genügt also, um immer mehr Medien unter Kontrolle zu haben.
 
Man kann das gut am Beispiel von CBS News sehen. Der Konzern hat sich vorauseilend auf einen Vergleich mit US-Präsident Donald Trump eingelassen, obwohl Juristen gemeint hatten, den Prozess wegen eines angeblich vorteilhaft geschnittenen Interviews zugunsten der Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hätte CBS mit Sicherheit gewonnen. Kurz nach der Einigung erhielt Paramount, die Konzernmutter von CBS, grünes Licht der Aufsicht für einen Acht-Milliarden-Dollar-Deal: eine Fusion mit Skydance Media.
 
Was haben die USA mit Österreich zu tun? Viel. Es zeigt, dass die wirtschaftliche Situation von Medien direkten Einfluss darauf hat, wie unabhängig und gut Journalisten arbeiten können – und ob sie überhaupt noch arbeiten. Recherche, Faktenüberprüfung, Reportagen – das alles braucht Zeit und gutes Personal. In einem wirtschaftlich angespannten Umfeld sind die bewusste Schädigung einer Branche und der Versuch der Einflussnahme ein schleichender Angriff auf die Pressefreiheit.
 
Zum Schaden der Demokratie und der Parteien. Denn je weniger professionell berichtet wird, desto mehr haben ungefilterte Unsinnigkeiten und Unwahrheiten auf Social Media, die die US-Tech-Riesen reich machen, und Propaganda im Journalistenmäntelchen eine Chance, die Gesellschaft zu zersetzen.
Es sind Journalisten, die dafür Sorge tragen, dass Wahrheitsgehalt und Faktengehalt von Informationen geprüft werden, bevor sie öffentlich werden.
 
Übrigens schätzen die Österreicherinnen und Österreicher diese Qualität. Denn hierzulande ist laut Digital News Report das Vertrauen in Zeitungen wieder gestiegen. Das ist ein Auftrag. Gleichzeitig zeigen viele Länder – wie zuletzt die USA –, wie verletzlich unabhängiger Journalismus ist.

 

 

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