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Holger Friedrich rechnet ab: „Pranger auf dem medialen Marktplatz“

Holger Friedrich rechnet ab: „Pranger auf dem medialen Marktplatz“ Holger Friedrich (Fofo: IMAGO / ari)

Der Berliner-Verlag-Eigentümer Holger Friedrich wehrt sich gegen Vorwürfe von Mitbewerbern und Nachfahren des Weltbühne-Gründers. In einem kämpferischen Artikel spricht er über Machtmechanismen in Medien, das Stasi-Label – und kündigt an, weiterhin für offene Debatten einzustehen.

Berlin – „Seit dem Kauf des Berliner Verlags habe ich viel über Medien als Macht-Werkzeuge gelernt. Ich konnte erfahren, welche Tragweite Äußerungen und Handlungen haben, wenn sie über die Reichweite eines Mediums verfügen. Auch habe ich gelernt, wie es sich anfühlt, Beißreflexe eines etablierten Systems auszulösen, wenn dessen Orthodoxien infrage gestellt und der exklusive Zugang zu diesem System geöffnet wird“, leitet Holger Friedrich seinen großen, in der Berliner Zeitungprominent platzierten Artikel ein.

 

Friedrich erklärt, dass Branche und Öffentlichkeit ihm und seiner Familie unmittelbar nach dem Erwerb des Verlags im Jahr 2019 zunächst mit vorsichtiger Neugier begegnet seien. Diese Neugier habe sich jedoch bald in Ablehnung verwandelt, als sie signalisiert hätten, dass es mit ihnen kein „Weiter so“ geben werde. Man habe Machtgefälle nivellieren, umfassender informieren, bisher unfair Ausgegrenzten Zugang verschaffen und die Meinungsfindung stärker auf die Seite der Leser verlagern wollen – im besten Sinne Pressefreiheit ermöglichen. Ihr Ziel sei es gewesen, die wachsenden Unterschiede zwischen erlebter und veröffentlichter Realität zu verringern. Für den darauf folgenden Konflikt habe es nicht viel gebraucht: Es hätten bereits die bei jedem Umbruch unvermeidlichen internen Auseinandersetzungen sowie ein größerer Artikel genügt, in dem sie versucht hätten zu erklären, wofür sie stünden und wie sie die bevorstehenden Herausforderungen angehen wollten. Kurz darauf, so Friedrich weiter, hätten einige Kollegen in den Redaktionen der Mitbewerber offenbar den Schluss gezogen, dass jemand wie Friedrich keine Zeitung besitzen dürfe.

 

Friedrich breitet in der „Berliner Zeitung“ seine „falsch dargestellte Stasi-Geschichte“ aus und verweist auf das Gutachten einer unabhängigen Kommission. „Das ungerechtfertigte Label des Stasi-Verlegers wird auch heute noch, wenn man kein Argument findet, immer wieder als Schmähung benutzt. Die Ergebnisse der unabhängigen Kommission sind nicht im Interesse derer, die den Vorwurf gegen mich in Stellung bringen wollten, noch hätte es ihrer Story entsprochen“, so Friedrich.

 

Friedrichs Ankündigung in Sachen „Weltbühne“

Heute, nach dem Erwerb der Rechte an der Zeitschrift „Weltbühne“, finde er sich in einer ähnlichen Situation wieder. „Nicholas Jacobsohn, Enkel des ,Weltbühne‘-Gründers Siegfried Jacobsohn, wirft mir vor, ihn unredlich um sein Erbe gebracht zu haben. Dass dies nicht stimmt, ist leicht nachweisbar und wird in der ,Berliner Zeitung‘ in Kürze aufgezeigt werden“, kündigt Friedrich an, der, bevor er Verleger wurde, erfolgreicher IT-Unternehmer war.

 

In seinem Beitrag wehrt sich Friedrich „auf das Schärfste gegen die infame Unterstellung des Antisemitismus“: „Ich stehe – nicht nur, aber auch durch die Berichterstattung der ,Berliner Zeitung‘ belegt – fest zum Schutz jüdischen Lebens und jüdischer Kultur und empfinde es als zutiefst bedauernswert, dass beides in Deutschland noch immer und wieder zunehmend schutzbedürftig ist. In anderen Ländern wurde hier mehr Fortschritt erzielt.“ Genauso gehöre es zur Wahrheit, dass er keine Autokraten bewundere.

 

„Mittelalterliche Methoden der Ausgrenzung zum Machterhalt“

Dann holt Friedrich in seinem Kampf-Artikel noch einmal zum Rundumschlag aus: Er erklärt, dass die in den letzten Jahren zu beobachtende Tendenz in Politik und Medien, auf „mittelalterliche Methoden der Ausgrenzung zum Machterhalt“ zurückzugreifen, in modernen Gesellschaften seiner Ansicht nach nicht zielführend sein könne. Der „Pranger auf dem medialen Marktplatz“, der ein johlendes oder verschämt lüsternes Publikum in seinen niederen Trieben bediene, beschäme nach seiner Einschätzung die Gegenwart – und in besonderem Maße die medialen Eliten. Viele Medien, so Friedrich, scheuten den offenen Diskurs und die Auseinandersetzung und verbarrikadierten sich stattdessen hinter Begriffen wie „Corona-Leugner“, „Verschwörungsgläubiger“, „Putin-Freund“, „Demokratiefeind“, „Linker“, „Rechter“, „Umstrittener“ oder „Antisemit“, um bestimmte Interessen durchzusetzen.

 

In seinem Fall, betont Friedrich, werde dies jedoch nicht dazu führen, dass er oder die Teams des Berliner Verlags von ihren Zielen abließen. Dies belegten die Erfolge der „Berliner Zeitung“ und inzwischen auch der „Weltbühne“. Die Folgen einer solchen Entwicklung ließen sich laut Friedrich in Erhebungen ablesen, die ein sinkendes Vertrauen in die Medien sowie eine als zunehmend eingeschränkt empfundene Meinungsfreiheit zeigten.


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