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Hans Leyendecker: Claas Relotius hat Erwartungen perfekt bedient

Ein Einzelfall sei Relotius bestimmt nicht, sagte der frühere „Spiegel“- und „Süddeutsche Zeitung“-Redakteur.

Hamburg (dpa) − Nach Überzeugung des Journalisten Hans Leyendecker hat der frühere „Spiegel“-Reporter Claas Relotius mit seinen Geschichten perfekt die Erwartungen von Publikum und Redaktionen bedient. „Auch Redakteure haben Klischees im Kopf. Wenn ein Reporter genau diese bedient und in der Trump-Zeit den pistolenvernarrten, rassistischen Todesstrafenbefürworter liefert, der breitbeinig wie ein Cowboy durch die Welt geht, dann werden ihm viele applaudieren“, sagte Leyendecker dem Medienmagazin „journalist“ (Ausgabe Januar/Februar). „Er bedient Vorurteile, unsere Vorurteile.“ Relotius habe diese Rolle perfektioniert.

Ein Einzelfall sei Relotius bestimmt nicht, sagte der frühere „Spiegel“- und „Süddeutsche Zeitung“-Redakteur, der 2017 zum Präsidenten des Evangelischen Kirchentags gewählt wurde. „Denken Sie an Tom Kummer, der Interviews mit Hollywood-Größen aus vorhandenem Material zusammensetzte oder erfand.“ Verfälschte Berichterstattung und die Verbreitung falscher Behauptungen habe es schon immer gegeben. „Ein befreundeter Reporter hatte immer die perfekten Anfänge. Als alter journalistischer Hase wunderte ich mich, wie er das immer schafft, egal, wohin er kommt und worüber er berichtet“, sagte Leyendecker. „Soviel Reporterglück kann es gar nicht geben. Oft geht man darüber hinweg, lacht und trinkt zusammen ein Bier.»