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EU-Beschwerde: Verleger erhöhen Druck auf Öffentlich-Rechtliche

Wie die FAZ berichtet, legt der Verlegerverband BDZV bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Missbrauch des Rundfunkbeitrags ein: Die Textflut der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz sei rechtswidrig und bedrohe die freie Presse in ihrer Existenz.

Berlin – Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hat bei der EU-Kommission in Brüssel Beschwerde wegen Beihilfemissbrauchs im Zusammenhang mit der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland eingelegt. Dies berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. In dem 72-seitigen Schriftsatz, der der FAZ vorliegt, prangern die Zeitungsverleger den unrechtmäßigen Einsatz eines Teils „der zu Zwecken der Rundfunkfinanzierung erhaltenen öffentlichen Mittel zweckentfremdet für ein Angebot presseähnlicher digitaler Telemediendienste zu verwenden bzw. diese digitalen Angebote ohne funktionierende Aufsicht uferlos auszuweiten“ an. Diese Zweckentfremdung verstoße gegen den sogenannten Beihilfekompromiss aus dem Jahr 2007, gegen die Vorgaben der Rundfunkmitteilung der Kommission aus dem Jahr 2009 („Rundfunkmitteilung“) und damit gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), heißt es in der Beschwerdeschrift.

 

„Nachdem weder die bisherigen gerichtlichen Auseinandersetzungen noch die Gespräche zwischen dem BDZV und Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Bundesländer dazu geführt haben, dass die Praxis eingestellt oder deren Absicht erklärt worden wäre, sah sich der BDZV nach eigener Aussage gezwungen, formell Beihilfebeschwerde einzulegen“, schreibt Helmut Hartung in der FAZ.

 

Besonders problematisch für die Presseverlage seien die unzähligen öffentlich-rechtlichen Textangebote, die von Informationsangeboten der unabhängigen Presse nicht mehr zu unterscheiden seien. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hebele das Kriterium des Sendungsbezugs zur Begrenzung von Textangeboten faktisch aus, „indem Textangebote inflationär mit zum Teil an den Haaren herbeigezogenen Sendungsbezügen versehen werden“, zitiert Hartung aus dem BDZV-Schriftsatz. Ein derartiges gebührenfinanziertes öffentlich-rechtliches Textangebot sei verfassungswidrig und wettbewerbsrechtlich unzulässig. Mit der Ausweitung der öffentlich-rechtlichen Angebote im Internet habe die Presse eine starke, aus Sicht der Verbraucher kostenlose Konkurrenz erhalten. Der „fast grenzenlose gebührenfinanzierte Eingriff in die digitale Mediensphäre“ zerstöre funktionierende Märkte und gefährde die Medienvielfalt und die Pressefreiheit.

 

Der Zeitungsverlegerverband verweist der FAZ zufolge darauf, dass sich das bisherige Verbot presseähnlicher Telemedien im Medienstaatsvertrag, ungeachtet seiner Reform im Jahr 2017, als zu unbestimmt und als unwirksam erweise. Eine sachgerechte Aufsicht der Sender durch die Rundfunkräte finde nicht statt. An der Unabhängigkeit der Gremien bestünden erhebliche Zweifel.

 

„Selbst langwierige Gerichtsverfahren und Urteile, die Verstöße der Rundfunkanstalten gegen den Medienstaatsvertrag feststellten, führt der vorliegende Schriftsatz aus, konnten die Anstalten nicht zur Gesetzestreue bekehren. Auch trug die 2019 eingerichtete Schlichtungsstelle nicht zu einer rechtssicheren und wirksamen Klärung der Streitfälle bei“, heißt es in der FAZ. Letztlich seien alle Schlichtungsgespräche, die der BDZV mit den ARD-Sendern geführt habe, gescheitert. Das im Beihilfekompromiss vorgesehene Verbot von Werbung und Sponsoring im Umfeld öffentlich-rechtlicher Telemedienangebote werde zudem durch die Verbreitung öffentlich-rechtlicher Telemedienangebote auf Drittplattformen verletzt.

 

Damit, so die Beschwerdebegründung, verstießen die öffentlich-rechtlichen Anstalten in zwei wesentlichen Punkten gegen die Brüsseler Vorgaben. Zum einen sei der öffentliche Auftrag der Rundfunkanstalten nicht klar genug definiert, insbesondere im Bereich der Telemedienkonzepte. Das führe zu einer großen Menge beihilfefinanzierter Onlineinhalte der Rundfunkanstalten, die direkt mit den Presseaktivitäten der BDZV-Mitglieder im Wettbewerb stünden. Zum anderen bestünde ein Aufsichts- und Kontrolldefizit bei den Sendern.

 

Sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk „seine missbräuchlichen Prak­tiken nicht erkennbar einstellen und auch für die Zukunft nicht planen, sie nicht wieder aufzunehmen“, fordert der BDZV mit der Beihilfebeschwerde, solle die EU-Kommission ein förmliches Prüfverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnen. Angesichts des Zeitablaufs und der mittlerweile wesentlich stärkeren Bedeutung des Digital- gegenüber dem Druckbereich hält der Verlegerverband laut FAZ aber auch eine neue beihilferechtliche Überprüfung für angemessen.