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„Es muss manchmal schlimmer werden, bevor es besser wird“: Warum Döpfner keine Angst mehr vor Google hat

„Es muss manchmal schlimmer werden, bevor es besser wird“: Warum Döpfner keine Angst mehr vor Google hat Springer-Chef Mathias Döpfner (Foto: Axel Springer)

Springer-Chef Mathias Döpfner stellt zehn Jahre nach seinem offenen Brief „Warum wir Google fürchten“ fest, dass der Wettbewerber „auf ganzer Linie“ gewonnen hat. Es könnte sich dennoch um einen Pyrrhussieg handeln, gibt sich Döpfner in seinem FAZ-Beitrag hoffnungsvoll.

Berlin –  Der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer, Mathias Döpfner, wirft Google-Mutter Alphabet in seinem Text in der FAZ „Warum wir Google nicht mehr fürchten“ vor, das Geschäfts­modell und die Umsätze der Verlage „weitgehend aufgesaugt“ zu haben – man brauche daher mittlerweile keine Angst mehr vor dem Unternehmen zu haben, die Sache habe sich bis auf Weiteres erledigt. „Google, das vielleicht smarteste Unternehmen der Welt, hat einfach auf ganzer Linie gewonnen.“ 


Das EU-weite Leistungs­schutz­recht sei zu spät gekommen: Die meisten Verlage hätten sich in Einzelverträge mit Google „geflüchtet, statt in eine robuste kollektive Rechteverwertung“, was „den Niedergang“ beschleunigt habe, kritisiert Döpfner. Jahrelang hatten sich Springer und Google beim Leistungs­schutz­recht gestritten – Anfang des Jahres einigte man sich auf einen Lizenzvertrag für „News Showcase“. Insgesamt haben rund 40 deutsche Verlage Verträge mit Google abgeschlossen.

Doch nicht nur Google ist Marktbeherrscher: Die sozialen Medien haben aus Döpfners Sicht weitgehend die Rolle als Informationsquelle („oder manchmal auch Desinformationsquelle“) übernommen. Fake News seien fester Bestandteil politischer Kampagnen und Wahlen geworden. Kriege würden heute weitgehend auf Tiktok – und also unter der Aufsicht der kommunistischen Partei Chinas – entschieden. Demokratien sieht Döpfner weltweit im Niedergang. 

 

Er fragt in der FAZ provokant: „Ist die offene Gesellschaft also am Ende, unsere Zukunft eine Dystopie?“ Und verneint dies: Er sei sogar optimistischer als vor zehn Jahren. Aus einem einzigen, scheinbar paradoxen Grund. Es müsse manchmal schlimmer werden, bevor es besser werde. Damals sei es um Marktwirtschaft, Wettbewerb und den Erfolg von Unternehmen gegangen. Diesmal gehe es um politische Macht und die Zukunft der Demokratie.

 

„Wenn es um Macht geht, sind die meisten Politiker deutlich musikalischer als beim Thema Wettbewerb. Künstliche Intelligenz und die Entwicklung der Marktverhältnisse haben das Potential, jede Partei, jeden Politiker, jede Wahl und alle demokratischen Institutionen zu unterminieren und zu zerstören. Das dämmert mittlerweile selbst Spätzündern der Digitalisierung.“ Das bringt Döpfner zu dem Schluss: „Die Erosion politischer Macht werden Politiker nicht kampflos akzeptieren. Deshalb sorgen die Plattformen der Künstlichen Intelligenz entweder selbst für fairere Wettbewerbsbedingungen und eine angemessene Vergütung von intellektuellem Wert (was gar nicht so unwahrscheinlich ist) oder die Politik wird diesmal schneller und beherzter Grenzen setzen und Regeln definieren, die sicherstellen, dass geistiges Eigentum genauso geschützt wird wie dingliches Eigentum.“

 

In diesem Szenario hätten digitale Medien, Journalisten und Urheber eine gute Zukunft, sagt Döpfner,  „denn wenn es anders käme, wären nicht nur Urheber, Journalisten und Medien Vergangenheit“.

Mathias Döpfner ist seit 2002 Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE.