Vermischtes
Newsroom – Marc Bartl

„Ein bisschen rechtsextrem“ – NDR stolpert über Reschke-Vorwurf

„Ein bisschen rechtsextrem“ – NDR stolpert über Reschke-Vorwurf Anja Reschke (Foto: NDR)

Nach Anja Reschkes Vorwurf, Julia Ruhs’ BR-Sendung Klar sei „ein bisschen rechtsextrem“, versucht der NDR mit einer Satire-Erklärung zurückzurudern. Doch die Rechtfertigung sorgt für noch mehr Kritik – von Medien, Politik und Kollegen.

Hamburg – Nach Anja Reschkes „rechtsextrem“-Etikett für die BR-Sendung Klar von Julia Ruhs versucht der NDR auf LinkedIn zurückzurudern – mit dem Hinweis auf Satire. Doch die Erklärung sorgt für noch mehr Empörung: Medienkritiker, Journalisten und Politiker sprechen von „Irrsinn im ÖRR“ und werfen dem Sender Maßstabslosigkeit vor.

 

Nach Anja Reschkes „rechtsextrem“-Aussage über die Sendung der BR-Journalistin Julia Ruhs versucht der NDR Schadensbegrenzung – doch die Erklärung auf LinkedIn, es sei nur Satire gewesen, sorgt für noch mehr Aufregung. Michael Hanfeld schreibt in der FAZ von „Irrsinn im ÖRR“.

 

NDR-Programmbereichsleiterin Carola Conze versucht bei LinkedIn die Wogen zu glätten: „Ich, bzw. wir bedauern, dass der Eindruck entstanden ist, die Redaktion von Reschke Fernsehen würde die Redaktion von Klar als rechtsextrem einschätzen.“ Conze erklärt weiter, die Formulierung, um die es gehe: „ein bisschen rechtsextrem“, sei Teil einer Ausgabe über die AfD und in diesem Zusammenhang eine satirische Zuspitzung gewesen. Wie Julia Ruhs in einem Interview (Berliner Zeitung) bereits erwähnt habe, gelte es, solche Angelegenheiten intern zu klären. „Das haben wir mit den Kolleginnen und Kollegen vom BR und NDR in einem konstruktiven Gespräch getan“, beteuert Carola Conze.

 

Was war passiert? BR-Journalistin Julia Ruhs will mit ihrer Sendung Klar Fehlentwicklungen der Gesellschaft thematisieren. Für ihre erste Folge „Migration: Was falsch läuft“ erhielt sie viel Schelte von Kolleginnen und Kollegen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Besonders NDR-Moderatorin Anja Reschke kritisierte das Format, auch in ihrer eigenen Sendung Reschke Fernsehen. So charakterisierte Reschke dort das Format von Julia Ruhs in einem Dialog mit einer Handpuppe durch Betonung des Wortes „klar“ als „ein bisschen rechtsextrem“.

 

Michael Hanfeld schreibt in einem Kommentar in der FAZ von Irrsinn im ÖRR und Aufwallungen in der ARD sondergleichen: „Der Rundfunkrat kritisierte mangelnde Ausgewogenheit und übermäßige Emotionalität. Mitarbeiter beklagten in einem offenen Brief, die Sendung habe gegen ‚eine Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit‘ verstoßen, die Kampagnenorganisation Campact startete eine Petition zur Absetzung von Klar.“

 

Die jetzt erfolgte Erklärung der NDR-Führungskraft Conze auf LinkedIn bringt Hanfeld auf die Palme: „Interne Klärung nach öffentlicher Hinrichtung – beim NDR, der schon nicht zu sagen vermochte, wie es mit Klar weitergeht, weiß man, wie man Märtyrerinnen schafft und das Publikum ‚ein bisschen‘ für dumm verkauft. Erst massive Verunglimpfung nach dem Böhmermann-Prinzip, demzufolge alles ja Satire und daher alles erlaubt sei (‚Schweinerei‘, ‚Dummheit‘, ‚Unmenschlichkeit‘); dann ein internes Gespräch, und am Ende – war alles nur ein Missverständnis“, wundert sich der FAZ-Journalist.

 

Der ehemalige ZDF-Journalist Thorsten Alsleben kommentiert auf LinkedIn: „Wie bitte? Sie erheben in einer prominenten Sendung vor Hunderttausenden Zuschauern gegen eine ARD-Kollegin den Vorwurf des Rechtsextremismus und glauben dann, mit einer ‚internen Klärung‘ und einem Mini-LinkedIn-Post davon zu kommen? Bei Ihnen sind ja alle Maßstäbe verloren gegangen.“

 

Auch der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach meldet sich auf LinkedIn zu Wort: „Immer wenn es eng wird: Ja, ne, also, ähem – das war doch nur satirisch gemeint ... Die Normalbürger sind halt nicht in der Lage, das geniale humoristische Gedankenkonstrukt hinter derartigen Äußerungen zu erfassen.“

 

Auf die Frage, wie es mit der Sendung Klar weitergeht, heißt es beim NDR, dass zurzeit „die Evaluierung des Projekts“ laufe. Über die weitere Entwicklung werde „entschieden, sobald dieser Prozess abgeschlossen ist“.