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KNA

„Donaukurier“ stellt sich brauner Vergangenheit seines Ex-Verlegers

Es dauerte 80 Jahre, bis der „Donaukurier“ seine eigene Geschichte offen benannte. In seiner Jubiläumsbeilage räumt das Blatt nun ein, dass sein Verleger Wilhelm Reissmüller überzeugter Nationalsozialist war.

Ingolstadt (KNA) – Es dauerte 80 Jahre, bis der „Donaukurier“ die Wahrheit klar und deutlich formulierte. In der Jubiläumsbeilage der am 11. Dezember 1945 erstmals erschienenen Zeitung schreibt das Blatt in eigener Sache: Der ehemalige Verleger, Herausgeber und Chefredakteur Wilhelm Reissmüller (1911–1993) sei „während Hitlers Terrorherrschaft ein überzeugter Nationalsozialist“ gewesen.

 

„Sein Schwiegervater, der Arzt Ludwig Liebl, gab seit 1927 in Ingolstadt das NSDAP-Hetzblatt ‚Donaubote‘ heraus. Reissmüller wurde 1936 der Verlagsleiter“, auch seine Frau Elin habe in der Geschäftsführung mitgewirkt, heißt es in dem von „DK“-Redakteur Christian Silvester verfassten Beitrag. Und weiter: Der „Donaubote“ habe täglich „auf das Vulgärste gegen Juden“ gehetzt. Damit habe das Blatt publizistisch der immer brutaleren Verfolgung den Weg gewiesen.

 

Langer Weg zur Erkenntnis

Als die Zeitung vor 20 Jahren, im Dezember 2005, ihr 60-jähriges Bestehen feierte, hatte der frühere „DK“-Chefredakteur Friedrich Kraft noch beklagt, dass gegen Reissmüller „von Randgruppen immer wieder wegen einer angeblichen Nähe zu den Nazis polemisiert“ werde. Reissmüller sei vielmehr in den Kreis des militärischen Widerstands vom 20. Juli 1944 einbezogen gewesen, so Kraft damals.

So lautete auch jahrzehntelang die in Ingolstadt mächtige Legende – belegt durch einen fragwürdigen Persilschein und eine behauptete, aber ebenso unbelegte Verfolgung Reissmüllers und seiner Frau Elin durch die Gestapo.

 

Belegt und von KNA-Mediendienst-Autor Thomas Schuler in einer Artikelreihe veröffentlicht sind hingegen Reissmüllers frühes Engagement im NS-Studentenbund, bei SA und SS, seine NSDAP-Mitgliedschaft sowie sein Engagement beim „Donauboten“. Im Juni hatte Ingolstadt nach langer Debatte Reissmüller als Konsequenz die Ehrenbürgerwürde aberkannt.

 

Bislang hatte das Blatt den „König von Ingolstadt“, der zu Lebzeiten gegen kritische Berichte über seine Vergangenheit schwere juristische Geschütze auffuhr, stets verteidigt. Nun schreibt der „DK“: „Wilhelm und Elin Reissmüller waren ein Team mit gemeinsamer NS-Belastung.“ Und: „Für ihr Wirken beim ‚Donauboten‘ mussten sich die Reissmüllers nie rechtfertigen.“

 

 

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