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Die große Stromabzocke: Wenn alle Kontrollen versagen

Exklusiv veröffentlicht Newsroom.de einen Auszug aus dem Buch "Die große Stromabzocke" der beiden "Handelsblatt"-Reporter Jürgen Flauger und Sönke Iwersen.

Düsseldorf - „TelDaFax - Die große Strom-Abzocke“ heißt das Buch, das am Montag erscheint. Es erzählt eines der größten Betrugsfälle in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Hier ein exklusiver Auszug aus dem Buch.

Wenn alle Kontrollen versagen

 

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "Die große Stromabzocke" von Sönke Iwersen und Jürgen Flauger. 

 

Als das Theaterspiel vorbei war, als auch der letzte Vorstand das Handtuch geworfen hatte und der Insolvenzverwalter Biner Bähr zum ersten Mal die Tür zur Zentrale des Billigstromanbieters in Troisdorf öffnete, zeigte sich Teldafax als das, was es wirklich war: das blanke Chaos. Stapelweise stauten sich ungeöffnete Kundenbeschwerden in den Fluren. Meterhoch türmten sich ungelesene Faxe auf den Schreibtischen. Der Kassenbestand lag bei null. Teldafax war ein potemkinsches Dorf mitten im Rheinland.

„In den kommenden Wochen werden wir vor allem durch Taten überzeugen und so wieder zu einem normalen Geschäftsalltag zurückkehren“, hatte der letzte Chef von Teldafax, Gernot Koch, noch am 25. Mai 2011 versprochen. Zwei Wochen später war Teldafax pleite. Als Insolvenzverwalter Bähr versuchte, zu retten, was noch zu retten war, gab er schon drei Tage später auf. Bei Teldafax war nichts mehr zu retten. Am 17. Juni 2011 stellte Bähr den Betrieb ein. Sein nächster Gang führte zur Staatsanwaltschaft Bonn.

Wer beschreiben will, welch sagenhafte Misswirtschaft beim größten unabhängigen Stromanbieter Deutschlands jahrelang praktiziert wurde, hält sich am besten an die nackten, hässlichen Zahlen: Bis zu 40 Kisten mit Post blieben zuletzt täglich unbeantwortet; 500 Millionen Euro Schulden häufte Teldafax bei seinen Gläubigern auf; 500.000 Kunden wurden geschädigt; und 17.000 Euro netto pro Monat zahlten sich die Manager aus, die für all dieses Treiben verantwortlich waren.

Drei von ihnen, Klaus Bath, Gernot Koch und Michael Josten, sitzen am 18. Februar 2014 erstmals dort, wo sie hingehören: auf der Anklagebank des Landgerichts Bonn. Sie bestreiten die Vorwürfe. Nun muss die Justiz entscheiden. Zunächst 16 Verhandlungstage haben die Richter veranschlagt, weitere sollen folgen – und schon jetzt steht fest: Es wird einer der größten Wirtschaftsprozesse in Deutschland.

Weite Teile der Klageschrift beruhen auf der Berichterstattung des Handelsblattes. Denn als Reporter der größten deutschen Wirtschaftszeitung haben wir den Teldafax-Skandal schon im Oktober 2010 aufgedeckt und in den Folgemonaten immer mehr Details der fortgesetzten Insolvenzverschleppung beschrieben. Dass die zuständigen Behörden monatelang einfach zuschauten, ist Teil des Skandals.

Auszug aus: Sönke Iwersen, Jürgen Flauger: Die große Stromabzocke - Was Verbraucher aus dem Teldafax-Skandal lernen können. ISBN: 978-3-8442-8519-2. Preis: 5,99 Euro. Mehr unter www.handelsblatt.com/teldafax-ebook