Vermischtes
KNA

Bundeskartellamt kritisiert Medienholding-Pläne – und gibt sie frei

Das Bundeskartellamt hat die Übernahme von „Stuttgarter Zeitung“, „Stuttgarter Nachrichten“ und „Schwarzwälder Bote“ durch die Neue Pressegesellschaft Ulm („Südwest Presse“) genehmigt, sieht aber seine Hände gebunden.

Bonn (KNA) – Das Bundeskartellamt hat die Übernahme der Regionalzeitungsgruppe Medienholding Süd („Stuttgarter Zeitung“, „Stuttgarter Nachrichten“, „Schwarzwälder Bote“) durch die Neue Pressegesellschaft Ulm („Südwest Presse“) am Montag freigegeben und damit den Weg für die geplante Aufteilung der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) freigemacht. Kartellamtspräsident Andreas Mundt kritisierte die Entwicklung trotzdem mit deutlichen Worten, da die beteiligten Verlage im Vorfeld getrickst hatten.


„Die Übernahme des ,Schwarzwälder Boten‘ durch die ,Südwest Presse‘ ist wettbewerblich bedenklich, weil diese beiden Titel in Teilen von Baden-Württemberg die einzigen Wettbewerber im Bereich regionaler Tageszeitungen sind“, so Mundt. Seine Behörde habe den Zusammenschluss aber freigeben müssen, weil die Neue Pressegesellschaft zuvor eine Lokalausgabe der „Südwest Presse“ verkauft habe. Dabei handelt es sich um die „Neckar Chronik“ im Raum Horb. „Damit erreichen die verbleibenden problematischen Märkte nicht mehr das nach dem Gesetz für eine Untersagung erforderliche Marktvolumen“, so Mundt.

 

Presserechenklausel ausgehöhlt

Im Kartellrecht gelten sogenannte Aufgreifschwellen, die sich am Umsatz der beteiligten Unternehmen orientieren und bei deren Überschreiten das Kartellamt automatisch ein Fusionsvorhaben prüft. Für die Presse ist wegen der besonderen Bedeutung des publizistischen Wettbewerbs dabei eine deutlich niedrigere Schwelle als bei anderen Branchen festgesetzt. Diese „Presserechenklausel“ ist in den vergangenen Jahren von der Bundesregierung aber deutlich abgesenkt worden, gleichzeitig wurde die sogenannte Bagatellschwelle, unterhalb derer Fusionsvorhaben als unproblematisch gelten, auf 20 Millionen Euro angehoben.

 

Durch den rechtzeitigen Verkauf der „Neckar Chronik“ blieb für das Kartellamt als „Problemzone“ daher „nur der nördliche Zollernalbkreis, wo die Leser- und Anzeigenumsätze nicht das gesetzlich für eine Untersagung erforderliche Umsatzvolumen erreichen“, heißt es in der Kartellamtsmeldung. Und Mundt folgert: „Einmal mehr zeigt sich, dass dem Bundeskartellamt beim Erwerb von Zeitungen trotz offensichtlicher Wettbewerbsbedenken nach heutiger Rechtslage oft die Hände gebunden sind.“

 

DJV fordert Reform des Presse-Kartellrechts

Der Deutsche Journalisten-Verband forderte am Dienstag die Bundesregierung auf, das Kartellrecht wieder zu ändern. „Jetzt rächt sich die Anhebung der Bagatellschwelle bei der letzten Kartellrechtsreform“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster. Dass die Verlage bei geplanten Zeitungsverkäufen so „leicht die rote Karte des Kartellamts“ umgehen könnten, dürfe kein Dauerzustand sein, so Beuster. Die Konzentration vieler Zeitungstitel in einer Hand bedeute „nie etwas Gutes“, sondern führe oft zum Abbau journalistischer Arbeitsplätze und weniger Meinungsvielfalt.

 

Die SWMH hatte Ende August ihre Aufspaltung bekannt gegeben. Unter SWMH firmieren künftig nur noch die „Süddeutsche Zeitung“ und die in Nordbayern und Thüringen aktive Regionalzeitungsgruppe Coburg-Hof-Suhl. Die Titel der Medienholding Süd und ihre zahlreichen Kopfzeitungen gehen an die Neue Pressegesellschaft Ulm. Die Übernahme der Fachtitel der SWMH durch die Medien Union Ludwigshafen der Verlegerfamilie Schaub („Rheinpfalz“) hatte das Bundeskartellamt bereits freigegeben.