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Berufsrisiko Orakel - Wahrsager lagen mit ihren Vorhersagen für 2008 katastrophal daneben

Die abwegigste Vorhersage für 2008 war wohl neben der Landung von Außerirdischen die Entdeckung eines Riesenkaninchens in der englischen Grafschaft Surrey.

Roßdorf (ddp). Terroranschläge, Erdbeben, Überschwemmungen, Börsencrash und nicht zuletzt die Landung von Außerirdischen: All dies haben Astrologen für das Jahr 2008 vorhergesagt. Einiges davon ist zwar eingetroffen, dennoch stellt Michael Kunkel den Orakeln keine guten Noten aus. "Denn das meiste war so schwammig und allgemein formuliert, dass man nicht von Treffern sprechen kann", sagt der Mathematiker. Insgesamt falle die Trefferbilanz für Hellseher und Wahrsager katastrophal aus.

Kunkel beleuchtet seit sieben Jahren für die in Roßdorf bei Darmstadt ansässige Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) die Trefferquote von Vorhersagen. Knapp 60 Wahrsager hat er alljährlich im Fokus. 160 Texte, mit Vorhersagen zu Promi-Hochzeiten, zur Fußball-EM und zum DAX überprüfte er in diesem Jahr anhand von Medienberichten. Sein Fazit: "Je exakter eine Prognose, desto unwahrscheinlicher ist ihr Eintreffen."

Ob beispielsweise die Voraussage von Henning P. Schäfer, dass der DAX im zweiten Halbjahr stark falle, wirklich auf die Finanzkrise hindeutete, könne man bezweifeln, sagt Kunkel. Denn der Astrologe habe nicht geäußert, um wie viele Prozentpunkte das Börsenbarometer in den Keller geht. Auch für den Ausgang der US-Wahl habe es ebenso viele richtige wie falsche Prognosen gegeben.

Auch die Promis hielten sich nicht an die Vorhersagen. So haben etwa Brad Pitt und Angelina Jolie sich weder getrennt noch haben sie geheiratet. Einen Treffer habe es dafür bei der vorhergesagten Hochzeit des dänischen Prinzen Joachim gegeben. "Allerdings ist die Hochzeit bereits im Oktober 2007 angekündigt worden", schmunzelt Kunkel.

Der 48-Jährige befasst sich seit etwa 25 Jahren kritisch mit der Astrologie. Am meisten ärgert ihn, dass viele Prophezeiungen den Menschen Angst einflößen: "Wenn Sie nach den Vorhersagen gehen, ist der Dritte Weltkrieg schon dreimal ausgebrochen." Es gebe zudem Hunderte von wissenschaftlichen Untersuchungen, die beweisen, dass Astrologen nicht das können, was sie behaupten. "90 Prozent der Menschen erkennen sich in einem beliebigen Horoskoptext wieder, sogar wenn es das eines Massenmörders ist", erläutert Kunkel. Als Berater für Lebensversicherer verlässt er sich auf statistische Fakten.

Für eine kritische Auseinandersetzung mit der Wahrsagerei plädiert auch Richard Schley. Der ehemalige professionelle Tarot-Berater aus Darmstadt ist Betreiber von esogarten.de, einem Internetportal für Hellseher, Wahrsager und andere Esoteriker. "99 Prozent aller Vorhersagen traue ich persönlich nicht, denn die Qualität einer Vorhersage ist personenbezogen", sagt Schley. Es gebe "schwarze und weiße Krähen". Und hinter vielen Vorhersagen stecke ideologisches Wunschdenken. Prinzipiell zweifelt er aber nicht an der Möglichkeit, die Zukunft vorauszusagen. Es gebe durchaus diese Lichtblicke, in denen Sachen gesehen werden. Dazu sei jedoch absolute innere Stille und Klarheit notwendig.

Doch auch, wenn Dinge nicht eintreten, ist das laut Kunkel für viele Menschen noch lange kein Beweis für die Unglaubwürdigkeit von Vorhersagen. So wurde für dieses Jahr beispielsweise ein Atomunfall in Russland prophezeit, der vertuscht werden sollte. "Schöne Sache", findet Kunkel. "Denn wenn etwas nicht eintritt, müssen Verschwörungstheorien herhalten." Schley sieht dagegen das Problem in der Theorie der sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Das heißt, schon durch die Art des Fragens werde die Antwort beeinflusst. Deshalb hält er auch nichts davon, mehreren Wahrsagern dieselbe Frage immer wieder zu stellen. "Kein Wunder, wenn dabei verschiedene Sachen herauskommen."

Die abwegigste Vorhersage für 2008 war wohl neben der Landung von Außerirdischen die Entdeckung eines Riesenkaninchens in der englischen Grafschaft Surrey. Für das nächste Jahr zeichnet sich laut Kunkel als beliebtes Thema für Orakelsprüche die Bundestagswahl ab. "Da setzen jetzt schon alle auf Angela Merkel ohne SPD." Ob die Wahrsager richtig lagen, wird sich im September zeigen.