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„Westdeutsche Zeitung“: Ressortchefin Anja Clemens-Smicek schon ab heute in Aachen

Seit Mai 2010 verantwortete Anja Clemens-Smicek das wichtige Ressort Nachrichten und Wirtschaft bei der „Westdeutschen Zeitung“. Ab heute arbeitet die erfahrene Journalistin in Aachen.

Düsseldorf - Der Umbruch bei der „Westdeutschen Zeitung“ in Düsseldorf erfolgt in einem atemberaubenden Tempo. Offiziell sind es 50 Stellen, die in der Redaktion wegfallen. Mindestens 50 weitere Journalisten, die für die „Westdeutsche Zeitung“ als Freie arbeiten, müssen sich ebenfalls neu orientieren. In der offiziellen Sprachregelung des Traditionverlages kommen die teilweise langjährigen freien Mitarbeiter bislang nicht vor.

Erst am Montag hat Anja Clemens-Smicek, seit Mai 2010 Ressortleiterin Nachrichten und Wirtschaft bei der „Westdeutschen Zeitung“ und zuvor Mitglied der Politik- und Nachrichtenredaktion, ihrer Redaktion erklärt, dass sie das wankende „WZ“-Schiff verlässt. Und zwar nach Informationen von Newsroom.de in Richtung Aachen, zum Zeitungsverlag Aachen.

 

Firmenschild von "Westdeutsche Zeitung" und "Express" am Girardet-Haus auf der Königsallee in Düsseldorf: Bei der Traditionszeitung "WZ" soll die Hälfte der Redaktion das Haus verlassen. Foto: Bülend Ürük für NEWSROOM

 

 

Dort erscheinen die „Aachener Zeitung“ und die „Aachener Nachrichten“, zwei Titel mit unterschiedlicher Zielgruppe, die zu großen Teilen von einer Redaktion bestückt werden. Unterschiedlich ist in der überörtlichen Berichterstattung die Titelseite, die Seite 2 mit Politik, die Seite 3 mit den Themen des Tages, die Seite 4 mit der Meinung und die Seite 5, die sich mit der Region Euregio beschäftigt. Identisch sind nach Verlagsangaben die Seiten Aus aller Welt, Kultur, Wirtschaft, Sport, Service/Börse, Fernsehen und die „Bunte Seite“, die tatsächlich auch so heißt.

Die verkaufte Auflage der Zeitungen „Aachener Nachrichten / Aachener Zeitung“ (Chefredakteur: Prof. Bernd Mathieu) beträgt 116.684 Exemplare (laut IVW 4/2013).

Eigentümerin der Aachener Nachrichten Verlagsgesellschaft ist die Rheinische Post Mediengruppe, die so offiziell 24,5 Prozent am Zeitungsverlag Aachen hält. Die restlichen Anteile liegen offiziell bei den Herausgeberfamilien Ernst, Hofmann, Mass und Schmitz, die den Zeitungsverlag Aachen über ihre Aachener Verlagsgesellschaft zu 75,5 Prozent kontrollieren.

Noch Ende 2009 hatte das Bundeskartellamt verhindert, dass die RP Mediengruppe eine deutliche Mehrheit am Zeitungsverlag Aachen übernimmt.

Überkreuzbeteiligung

Die RP Mediengruppe ist mit 6,7 Prozent auch an der W. Girardet KG beteiligt, die die „Westdeutsche Zeitung“ herausgibt. Quasi eine Überkreuzbeteiligung, schließlich ist die W. Girardet KG mit 4 Prozent an der Rhei­nisch-Ber­gi­schen Ver­lags­ge­sell­schaft, Hol­ding der RP Medi­en­gruppe, beteiligt. Michael Girardet, langjähriger Verleger der „Westdeutschen Zeitung“, ist sogar Mitglied des Aufsichtsrates der RP Mediengruppe.

Newsroom.de hatte am vergangenen Donnerstag gemeldet, dass der Zeitungsmantel der „Westdeutschen Zeitung“ zukünftig nicht mehr an Düsseldorfs Renommiermeile Königsallee produziert, sondern eingekauft wird: „Ein Team von sieben Redakteuren (bislang arbeiten beim "WZ"-Mantel 20, 25 Redakteure) soll die Seiten dann in Düsseldorf regionalisieren.“

Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa widersprach Kersten Köhler in seiner Funktion als Geschäftsführer der „Westdeutschen Zeitung“ unserer Berichterstattung: "Die journalistische Leistung erbringen wir mit einem Team von sieben Autoren selbst", sagte Köhler der dpa, und weiter: "Lediglich die technische Produktion des Mantels vergeben wir extern".

In einer Welt, in der Betriebswirte Verleger spielen, erscheint so einiges möglich. Rechnen wir also nach.

Bei 300 Produktionstagen sind von sieben Redakteuren statistisch gesehen 4,5 Redakteure anwesend (220 Arbeitstage minus Krankheit und Fortbildung).

Ein Mantel also, der die Qualität des jetzigen „WZ“-Mantels hat, mit sieben statt mit 20, 25 Redakteuren erstellt wird und die einzige Veränderung in der überörtlichen Berichterstattung ist, dass an einem anderen Standort produziert wird? Hieße das eigentlich nicht im Umkehrschluss, dass 13,18 Redakteure die vergangenen Jahre nichts anderes getan haben, als die Seiten zu gestalten?

Und wenn das zutreffen sollte, müsste sich die „WZ“-Geschäftsführung nicht fragen lassen, ob sie das Geld ihrer Gesellschafter in den vergangenen Jahren nicht wissentlich verbrannt hat, schließlich hätte sie diesen Schritt doch dann viel früher treffen müssen?

Mit deutlichen Worten kritisiert neben dem DJV auch die Deutsche Journalisten-Union (dju) in verdi NRW die aktuellen Entwicklungen bei der „Westdeutschen Zeitung“. „Wenn den Verlegern als einzige Reaktion auf wirtschaftlich schwierige Zeiten nur einfiele, Redakteurinnen und Redakteure zu entlassen, und lokale und überregionale Inhalte von Mitbewerbern einzukaufen, dann wird das auf Dauer die publizistische Vielfalt in NRW komplett aushöhlen", kritisierte Dr. Frank Biermann vom Geschäftsführenden Vorstand der dju NRW.

Das Beispiel „Westfälische Rundschau“, die als erste Tageszeitung in Deutschland nur noch mit lokalen Fremdinhalten und ohne eigene Redaktion erscheint, bleibe leider kein einmaliger Sündenfall der Pressegeschichte, kritisiert die dju NRW. Im Gegenteil: Das Modell scheine salonfähig zu werden.

Die dju in ver.di NRW fordert einen fairen Umgang auch für die freien Journalisten der "Westdeutschen Zeitung": "Den Freien fällt von einem Tag auf den anderen ein wichtiger Auftraggeber weg. Ansprüche auf Arbeitslosengeld haben sie in der Regel auch nicht. Die brauchen unbedingt finanzielle Luft, um sich neu orientieren zu können", so Biermann.

Bitter - unter den Pauschalisten sind auch Journalisten, die vorher Redakteure der „Westfälischen Rundschau“ waren.

Bülend Ürük

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