Recht
DDP/Von Marina Antonioni

No-Angels-Sängerin aus U-Haft entlassen - Ermittlungsrichter stimmt Haftverschonung zu

Die Anwälte von Nadja Benaissa hatten zuvor versucht, eine Veröffentlichung der Vorwürfe gegen ihre Mandantin zu verhindern. Beim Landgericht Berlin erwirkten die Anwälte per einstweiliger Verfügung ein Berichterstattungsverbot gegen die "Bild"-Zeitung, gegen das Widerspruch eingelegt wurde.

Darmstadt (ddp). Zehn Tage nach ihrer Festnahme ist die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa am Dienstag aus der Untersuchungshaft in Frankfurt am Main entlassen worden. Der zuständige Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Darmstadt habe dem Antrag der Staatsanwaltschaft vom Freitag zugestimmt und die Beschuldigte vom Vollzug der U-Haft "unter bestimmten Auflagen verschont", teilte der Vizepräsident des Amtsgerichts, Albrecht Simon, mit. Um welche Auflagen es sich dabei handelt, wollte er auf Anfrage nicht sagen. Der Haftbefehl gegen die Sängerin werde weiter aufrecht erhalten, erklärte er.

Der Fall beschäftigt unterdessen auch die Politik: Die Grünen im hessischen Landtag verlangen Aufklärung über die Umstände der Inhaftierung Benaissas und über die Öffentlichkeitsarbeit der Darmstädter Staatsanwaltschaft. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) warfen sie vor, die Rechte der 26-Jährigen nicht geschützt zu haben.

Die Sängerin war am 11. April vor einem Auftritt in einer Diskothek in Frankfurt am Main wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung festgenommen worden. Dem Haftbefehl zufolge besteht der dringende Tatverdacht, dass sie in den Jahren 2004 und 2006 ungeschützten Sex mit insgesamt drei Personen hatte, ohne diese auf ihre HIV-Infektion hingewiesen zu haben. Zumindest einer der drei Sexualpartner sei mutmaßlich infolge des Kontakts mit der Sängerin nun ebenfalls HIV-positiv, hatte die Darmstädter Staatsanwaltschaft mitgeteilt.

Der Grünen-Rechtsexperte Andreas Jürgens nannte es im Hessischen Rundfunk (HR) "skandalös", dass die Verhaftung der Sängerin in der Öffentlichkeit stattgefunden habe und die Medien durch die Staatsanwaltschaft über ihre HIV-Infektion informiert worden seien. Mittlerweile seien "ohne Rücksichtnahme auf die Interessen der Beschuldigten sämtliche, darunter sehr intime Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens in der Presse nachzulesen", kritisierte Jürgens.

Es sei auch ein Skandal, dass Justizminister Hahn dazu immer noch schweige und nichts unternommen habe, "um dem Treiben Einhalt zu gebieten". Die Grünen verlangen vom Justizminister Aufklärung im zuständigen Rechtsausschuss des Landtags.

Die Sprecherin Hahns bestätigte laut HR, dass der Minister über die Inhaftierung der Sängerin bereits über die Ostertage informiert gewesen sei. In der Frage der Öffentlichkeitsarbeit sei die Staatsanwaltschaft jedoch "frei in ihren Entscheidungen". Es gelte die Unabhängigkeit der Justiz, wurde die Sprecherin zitiert.

Die Anwälte von Benaissa hatten zuvor versucht, eine Veröffentlichung der Vorwürfe gegen ihre Mandantin zu verhindern. Es sei in keiner Weise bewiesen, dass die 26-Jährige verantwortlich sei für eine HIV-Infektion einer anderen Person, hieß es in einer Mitteilung vom 14. April. Sie gingen davon aus, dass die Untersuchungshaft "unverzüglich" aufgehoben werde. Beim Landgericht Berlin erwirkten die Anwälte per einstweiliger Verfügung ein Berichterstattungsverbot gegen die "Bild"-Zeitung, gegen das Widerspruch eingelegt wurde.

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft hat Kritik an ihrem Vorgehen indes zurückgewiesen. Sprecher Ger Neuber betonte in der vergangenen Woche, auch seine Behörde begrüße die "Verhaftungssituation vor der Disco nicht", habe aber "keine andere Möglichkeit" gehabt. Aufgrund des großen Medieninteresses habe man sich verpflichtet gesehen, "den äußeren Tatbestand mitzuteilen". Zugleich wies Neuber darauf hin, dass die Ermittler der Sängerin schon vor der Festnahme die Möglichkeit gegeben hätten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dies sei jedoch ergebnislos geblieben. Man habe es hier mit drei mutmaßlichen Fällen einer Straftat zu tun, die "nicht ungewichtig" sei.