Recht
KNA

Gericht: Hausdurchsuchungen bei Journalisten verfassungswidrig

Anfang 2023 durchsuchte die Polizei in Freiburg die Wohnung eines Radiojournalisten. Das Verfassungsgericht stellt nun fest: Die Maßnahme war rechtswidrig. Die Rundfunkfreiheit gilt auch für Privaträume von Journalisten.

Karlsruhe/Freiburg (KNA) Hausdurchsuchungen bei Journalisten sind verfassungswidrig, sofern es keinen konkreten Tatverdacht gibt. Das Bundesverfassungsgericht entschied Anfang November nach einer Beschwerde des Freiburger Radiojournalisten Fabian Kienert, dass die Polizei dessen Wohnung nicht hätte durchsuchen dürfen, wie Kienerts Arbeitgeber Radio Dreyeckland am Mittwoch in einer Pressemitteilung bekanntgab.


Kienert war damals vorgeworfen worden, eine verbotene Vereinigung zu unterstützen, weil er in einem Online-Bericht für Radio Dreyeckland auf eine Archiv-Version der verbotenen Internetseite linksunten.indymedia verlinkt hatte. Der Artikel berichtete neutral über das Verbot des linken Online-Mediums und enthielt den umstrittenen Link. Im Zuge der Ermittlungen gegen Kienert waren im Januar 2023 dessen Wohnung durchsucht und elektronische Geräte beschlagnahmt worden.

 

Rundfunkfreiheit verletzt

Bereits im Sommer 2024 hatte das Landgericht Karlsruhe Kienert vom Vorwurf der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung freigesprochen. Mit der Verfassungsbeschwerde wollte der Journalist nun die Frage klären, ob eine Wohnungsdurchsuchung sein Recht auf Rundfunkfreiheit verletze, das in Artikel 5 des Grundgesetzes festgehalten ist.

 

Das haben die Karlsruher Richter nun bestätigt: „Die gegen den Beschwerdeführer gerichtete Durchsuchungsanordnung greift in sein Grundrecht auf Rundfunkfreiheit ein“, heißt es in der Urteilsbegründung. Es sei staatlichen Stellen grundsätzlich verwehrt, sich Einblick in die Vorgänge zu verschaffen, die zur Entstehung von redaktionellen Nachrichten oder Beiträgen führen, so die Richter weiter.

 

Schutz von Privatwohnungen

Das gelte vor allem für Redaktionsräume, aber auch für Privatwohnungen von Journalisten. Kienert hatte seine Wohnung auch zu journalistischen Zwecken benutzt und dort Redaktionsmaterial aufbewahrt, das bei der Durchsuchung beschlagnahmt wurde. Die Durchsuchung der Wohnung sei daher – vergleichbar mit der Durchsuchung von Redaktionsräumen – eine Störung der redaktionellen Arbeit und hätte möglicherweise eine einschüchternde Wirkung entfalten und so die Rundfunkfreiheit einschränken. Gerechtfertigt seien Durchsuchungen bei Journalisten nur, wenn es einen konkreten Tatverdacht gebe.

 

„Wegen des Setzens eines Links wurden meine Privatsphäre und das Redaktionsgeheimnis mit Füßen getreten. Ich hoffe, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu beiträgt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft weniger leichtfertig mit Grundrechten umgehen“, kommentierte Fabian Kienert das Urteil. Seine Anwältin ergänzte: „Das Bundesverfassungsgericht stellt in erfreulicher Deutlichkeit klar, dass die Strafverfolgungsbehörden auch dann die Rundfunk- und Pressefreiheit beachten müssen, wenn sie gegen einen Journalisten ein Strafverfahren führen.“

 

 

Sie möchten aktuelle Medien-News, Storys und Praxistipps lesen – und sich über Jobs, Top-Personalien und Journalistenpreise aus Deutschland informieren? Dann abonnieren Sie jetzt unseren kostenlosen Newsletter.

Sie haben Personalien in eigener Sache oder aus Ihrem Medienhaus? Oder ist Ihnen in unseren Texten etwas aufgefallen, zu dem Sie sich mit uns austauschen möchten? Dann senden Sie Ihre Hinweise bitte an georg.taitl@oberauer.com.