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DPA/Von Ewald Trojansky

Zeitschrift fürs fahrende Volk - "Komet" ist bereits 125 Jahre alt

Heute werden in Anzeigen Karussells, Geisterbahnen, Pommes-Stände oder Zugmaschinen angeboten oder gesucht. Geändert hat sich auch das Leben der Schausteller.

Pirmasens (dpa) ­ Seit 125 Jahren wird von Pirmasens aus ein Blatt fürs fahrende Volk gemacht: Der "Komet" ist Deutschlands älteste Zeitschrift für Schausteller. Er startete als "Organ zur Wahrung der Interessen der Besitzer von Sehenswürdigkeiten und Schaustellungen jeder Art, herausgegeben unter Mitwirkung intelligenter Fachgenossen" und ist heute die "Fachzeitung für Schausteller und Marktkaufleute".

"Der Komet ist sozusagen ein Leitstern für alle Umherziehenden", sagt Detlef Weide, der als Redakteur die Zeitschrift gestaltet. Die Schausteller, so erläutert er, sind traditions- und standesbewusst, die Familien blieben in der Regel ihrem Beruf treu. Deshalb abonnierten sie ihre Zeitung oft schon seit Generationen. "Einer hat in einem Nachdruck einer alten Ausgabe die Verlobungsanzeige seiner Urgroßmutter entdeckt", erzählt Rita Endres-Grimm, die Leiterin der Komet Druck- und Verlagshaus GmbH. Auch heute sind Familienanzeigen der Schausteller-Dynastien ein wichtiger Teil des Geschäfts.

Die historischen Ausgaben zeigen, wie sich die Zeiten und das Gewerbe gewandelt haben. In den frühen Jahren des "Komet" wurde beispielsweise "Miss Flora Williams, die schwerste Negerin der Welt, einzig in ihrer Art, neu für Deutschland" angepriesen. Da gab es den "Riesen-Wunderknaben Anton, mit 24 Fingern und Zehen". Der Impresario Paul Schütze aus Leipzig warb für die offensichtlich stark fettleibigen "Colossal-Geschwister Wilhelm, Hulda und Emil". Ein anonymer Schausteller aus London suchte dringend "Zwerge, Damen und Herren, auch Riesen, bei guter Gage und sicherem Jahres-Contrakt". So erfolgreich war das Konzept in den ersten Jahren, dass 1887 in New York ein gewisser Joseph Jaffe ein gleichnamiges Blatt für die USA herausgab ­ als "Fachblatt für Circus, Museen, Theater und Concert- Etablissements".

Heute werden in Anzeigen Karussells, Geisterbahnen, Pommes-Stände oder Zugmaschinen angeboten oder gesucht. Geändert hat sich auch das Leben der Schausteller, erzählt Rita Endres-Grimm. Noch in den 1960er und 1970er Jahren lebte die Mehrzahl in Wohnwagen, zog von Ort zu Ort ­ und der "Komet" wurde ihnen nachgeschickt, wo immer sie waren. Der Verlag hatte eine eigene Liste, wann sich wer wo aufhielt. Heute seien es gerade noch etwa 25 Abonnenten, die diesen Sonderservice in Anspruch nähmen. Der Rest lasse sich die Zeitschrift an eine feste Adresse schicken. Denn heute, so Endres-Grimm, ziehe der Nachwuchs nicht mehr im Wohnwagen mit. Die Kinder werden bei der Oma großgezogen, die Eltern ziehen durch die Lande: "Es wird darauf geschaut, dass die Kinder Bildung bekommen."

Der "Komet" erscheint dreimal monatlich, jeweils am 10., 20. und 30. Er ist eine reine Abonnementszeitung, das Blatt finanziert sich jeweils zur Hälfte über Abos und Anzeigen. Dazu kommen im Verlag ­ ebenfalls schon seit mehr als 100 Jahren - Plakate für Volksfeste und der "Kalender Komet" mit allen Terminen von deutschen Volksfesten, Messen und Märkten, derzeit in einer Auflage von 4000 Stück. Dieser wird vor allen Dingen von mobilen Händlern genutzt.

30 Menschen arbeiten in der Komet Druck- und Verlagshaus GmbH, etwa 15 davon für die Zeitschrift. Ein Redakteur und ein Dutzend freier Mitarbeiter aus ganz Deutschland liefern die Berichte. Die freien Mitarbeiter, so sagt Redakteur Weide, kommen aus allen Berufen: Städtische Angestellte, professionelle Redakteure, Schausteller ­ sie alle eint die Liebe zu Jahrmärkten und Fahrgeschäften. Das wirtschaftliche Auf und Ab merkt man freilich auch beim "Komet": Wenn es nicht so läuft, werden die Anzeigen kleiner. Und auch die Schausteller sparen schon mal, sagt Rita Endres-Grimm: "Früher hatte jeder in einer Schaustellerfamilie den Komet. Heute reicht einer pro Familie."

(Internet: www.komet-pirmasens.de)