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Funke Mediengruppe: Was passiert mit der „Westfälischen Rundschau“?

Seit Februar 2013 erscheint die „Westfälische Rundschau“ quasi ohne Redaktion. Für den kümmerlichen Restverlag, der die „WR“ innerhalb der Funke Mediengruppe herausgibt, könnte die Insolvenz drohen. Von Bülend Ürük.

Dortmund - Lambert Lensing-Wolff, Verleger der „Ruhr Nachrichten“, darf keine Tageszeitungsausgaben der Funke Mediengruppe im Großraum Dortmund übernehmen. Das Veto, welches das Bundeskartellamt treffen wollte, stand schon länger im Raum, mehrfach hat das Bundeskartellamt den RN-Antrag auf Übernahme verlängert.

Um was geht es?

Die Funke Mediengruppe will sich von vier Lokalausgaben ihrer „Westfälischen Rundschau“ trennen. Seit Anfang 2013 erscheint die Zeitung ohne Redaktion, lokale Inhalte liefen Redaktionen aus dem eigenen Verlag oder andere Verlage. Bei dem Übernahmeversuch von Lambert Lensing-Wolff, Verleger und Herausgeber unter anderem von den „Ruhr Nachrichten“, ging es um die Ausgaben von „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ und „Westfälische Rundschau“ in Dortmund, Lünen und Castrop-Rauxel sowie um die „WR“-Ausgabe in Schwerte.

Wenn es das Bundeskartellamt nicht geben würde, wäre Lambert Lensing-Wolff inzwischen schon Verleger und Eigentümer von mehreren Tageszeitungsausgaben der Funke Mediengruppe im Großraum Dortmund. Mehr: Antrag beim Kartellamt zurückgezogen: Ruhr Nachrichten verzichten auf Kauf von WAZ und WR - Veto vom Bundeskartellamt drohte

Übernimmt die Funke Mediengruppe jetzt wieder selbst das Kommando?

Unwahrscheinlich. Ein Funke-Sprecher sagte mir: "„Wir prüfen gerade, welche Konsequenzen sich daraus ergeben." Das frühere Verbreitungsgebiet der „Westfälischen Rundschau“ spielt in den Überlegungen des Funke-Managements keine Rolle mehr. Die Lüdenscheider Ausgaben wurden schon komplett eingestellt, die Unnaer Ausgaben an den Heimatverlag Rubens veräußert. Der frühere, langjährige "WR"-Chefredakteur Frank Bünte kommentierte am Samstag für NEWSROOM: "Dass die Funke-Gruppe im östlichen Ruhrgebiet noch einmal aus eigener Kraft kreativ-unternehmerisch tätig werden und ihre Leser auch in den Lokalausgaben mit eigenen Ideen und Informationen versorgen könnte, ist wohl ausgeschlossen." Mehr: Frank Bünte: Funke Mediengruppe muss sich Ruck geben

Wer könnte sonst die vier Ausgaben erwerben?

Theoretisch jeder, wenn sich die Funke Mediengruppe tatsächlich dazu entschließen sollte, die Zeitungen am Markt zu platzieren. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass ein Verlag einsteigt, der bereits zumindest in der Nähe der Ausgaben mit eigenem Titel präsent ist und seinen Markt verbreitern möchten.

Wer kommt da in Frage?

Zum Beispiel der Rubens-Verlag aus Unna. Der Familienverlag hat mit Jungverleger Christian Haarmann und dem erfahrenen Journalisten Volker Stennei ein neuen Wegen offenes Duo an der Spitze. Schwerte und Lünen gehören zudem zum Kreis Unna. Dortmund und Castrop-Rauxel sind schließen direkt an. Oder aber der Bauer Verlag aus Marl. Verleger Kurt Bauer hat im riesigen Flächenkreis Recklinghausen mit seinen Heimatzeitungen bewiesen, dass vor allem lokale Inhalte punkten.

Das Riesen-Problem für beide Verlage: Lambert Lensing-Wolff. Der Mann, der auch schon mal eine komplette Redaktion über Nacht austauscht. Frei nach dem Motto: Manchesterkapitalismus in Münster.

Der Dortmunder Verleger hält an beiden Häusern nicht unwesentliche Anteile, in Marl 40 Prozent, in Unna offiziell fünf Prozent. Wie die „Ruhr Nachrichten“ damals noch der Mutter von Kurt Bauer, Annemie Bauer, Anteile am eigenen Verlag abgenommen hat, würde die Höhen und Tiefen des deutschen Verlegerwesens dokumentieren.

Könnte es keine unabhängigen Interessierten geben?

Eventuell den Verlag Aschendorff aus Münster. Doch die Münsteraner sind im Moment eher mit sich selbst beschäftigt, als die historische Chance nutzen zu wollen, ins Ruhrgebiet zu expandieren. Anstatt journalistisch zu punkten, will der Verlag lieber sparen und aus dem Tarifvertrag aussteigen.

Und dann wäre da natürlich noch Dirk Ippen. Ippen ist – wie in München jüngst gesehen – immer noch expansiv, ist an Regionalzeitungen interessiert und sein Zeitungsmonopol in Hamm („Westfälischer Anzeiger“) könnte sich über Lünen nach Dortmund und Schwerte ausdehnen. Es würde hier also einiges passen, zumal Ippen im Hause WAZ gelernt hat. Und Dirk Ippen weiß, wie auch kleinere Ausgaben erfolgreich geführt werden könnten.

Nur - die Ippen-Gruppe will zumindest im Moment nicht expandiern. Verleger Daniel Schöningh sagte mir, dass er kein Interesse hat, die Titel der Funke Mediengruppe zu übernehmen. Aber vielleicht müssen die Essener Manager, die für teures Geld die neue Funke Mediengruppe formen sollen, einmal persönlich in München am Ippen-Sitz vorsprechen.

Was bleibt da noch?

Die Funke Mediengruppe könnte so lange weiterhin die vier Ausgaben betreiben und lokale Inhalte von den „Ruhr Nachrichten“ erwerben, bis es sich finanziell einfach nicht mehr trägt. Oder sie könnte dem Modell der „Frankfurter Rundschau“ folgen - Insolvenz beantragen. Am Ende, um wenigstens die Reste zu retten, könnte sich als generöser Retter erneut Lambert Lensing-Wolff präsentieren.

Bülend Ürük

Was passiert mit der WR? Schreiben Sie mir persönlich: chefredaktion@newsroom.de. Per WhatsApp, Viber und SMS bzw. telefonisch gibt es natürlich den direkten Kontakt unter +49-176-93827088. Vertraulichkeit ist garantiert.