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"Der Freitag" jetzt am Donnerstag

Jakob Augstein macht aus Ost-West-Wochenzeitung ein "Meinungsmedium".

Berlin (ddp). Aus "Freitag - Die Ost-West-Wochenzeitung" wird ab Donnerstag (5. Februar) "Der Freitag - Das Meinungsmedium". Dann erscheint das Blatt in einer überarbeiteten und erweiterten Form und mit einem neuen Online-Auftritt. Verleger ist der 41-jährige Journalist Jakob Augstein, Sohn des "Spiegel"-Gründers Rudolf Augstein, der den 1990 gegründeten "Freitag" im Frühjahr 2008 gekauft hatte. Die in Berlin angesiedelte Redaktion, die auf über 20 Personen aufgestockt wurde, wird von Chefredakteur Philip Grassmann geleitet. Über den neuen "Freitag" sprach ddp-Korrespondentin Nathalie Waehlisch mit Augstein.

ddp: Sie haben jüngst gesagt: "Das, was wir vorhaben, fehlt im Markt bisher." Was genau fehlt Ihrer Ansicht nach?

Augstein: Ein Medium, das eine wirklich sinnvolle Kombination von Print und Online hinbekommen hat. Ich glaube, dass es bisher nur Versuche waren. Ich will unsere Leistung nicht überschätzen und den Eindruck vermitteln, die anderen seien zu doof. Eine große Zeitung hat es einfach schwerer als eine kleine, weil die Beharrungskräfte der Tradition viel größer sind. Der zweite Aspekt ist, dass wir ein anderes Verhältnis zu den Lesern haben wollen. Ich glaube, dass viele Journalisten für Kollegen, Verbände und Interessengruppen schreiben und der Leser den meisten von ihnen tendenziell lästig oder egal ist. Das halte ich in Zeiten des Internets für eine überholte Auffassung.

ddp: Machen Sie sich mit dem starken Fokus auf Online nicht selbst Konkurrenz?

Augstein: Wir wollen erstens im Netz auch Geld verdienen. Selbst im Katastrophenjahr 2009 gehen alle von wachsenden Erlösen im Online-Werbemarkt aus. Und zweitens begreifen wir uns als integrierte Medienmarke. Wir machen ein Kommunikationsprojekt und wollen mit den Lesern über Themen kommunizieren.

ddp: Die Printauflage liegt jetzt bei 12 000 und soll zum Start erheblich erhöht werden. Soll das so bleiben?

Augstein: Derzeit werden 1200 Stück über den Einzelhandel vertrieben. Das heißt, für die allermeisten Menschen und auch Einzelhändler gibt es den "Freitag" bisher überhaupt nicht. Das ist für die wie eine Neueinführung. Deshalb gehen wir in den ersten Wochen mit einer Auflage von insgesamt 78 000 in den Markt, und dann reguliert sich das runter. Der Preis bleibt bei 2,90 Euro.

ddp: "Der Freitag" erscheint künftig donnerstags, genauso wie "Die Zeit"...

Augstein: Das ist eher Zufall. Wir sind nicht so vermessen zu glauben, wir könnten der "Zeit" Konkurrenz machen. "Die Zeit" hat eine Auflage von 500 000, "Der Freitag" von 12 000. Das sagt alles. Es ist einfach so, dass der Donnerstag ein "gelernter Tag" ist, an dem gleich mehrere Blätter erscheinen. Außerdem haben wir so auch einen Verkaufstag mehr.

ddp: Welche Zielgruppe soll der neue "Freitag" erreichen? Werden durch den neuen Online-Schwerpunkt nicht eher Jüngere angesprochen?

Augstein: Das glaube ich gar nicht. Die jetzigen Leser des "Freitag" sind relativ alt, und dennoch kriege ich keine Leserbriefe mehr per Post. Die sogenannten älteren Leute haben längst das Internet für sich entdeckt. Unser Projekt wendet sich ganz ausdrücklich an Menschen aus allen Generationen.

ddp: Der neue Untertitel lautet "Das Meinungsmedium". Heißt das, Sie wollen Meinung machen oder möglichst viele Meinungen auch durch die Leser/User zulassen?

Augstein: Beides. Ich glaube, dass man guten Journalismus nur aus einer festen Haltung heraus überhaupt machen kann und dazu auch stehen muss. Und dann geht es uns um die Debatten mit den Lesern, die sich im Internet auch gegenseitig bewerten.

ddp: Auch wenn der alte Untertitel "Die Ost-West-Wochenzeitung" wegfällt - werden diese Themen weiterhin im Mittelpunkt stehen?

Augstein: Unbedingt. Das ist ein absoluter Schwerpunkt unserer Berichterstattung. Ich halte es nur für einen publizistischen Fehler, die nach außen getragene Identität einer Zeitung festzumachen an Themen, die im Laufe der historischen Entwicklung einfach ihre Bedeutung und ihren Gehalt verändern müssen. Das ist zu kurzfristig gedacht. Deshalb ist es eher wichtig, dass man den Charakter einer Zeitung in den Untertitel hebt und nicht ein Thema.

ddp: Wird der "Freitag" ein "linkes" Blatt bleiben?

Augstein: Ich tue mich mit dem Begriff schwer, vor allem weil er heute parteipolitisch besetzt ist durch die Linkspartei. Wir machen keine ideologische Zeitung, und bestimmte Zuordnungen verbieten sich. Andererseits denke ich schon, dass wir eine linke Zeitung in dem Sinne sind, wie es Gründungsherausgeber Günter Gaus einmal definiert hat: Er sprach unter anderem von einer skeptischen Grundhaltung und davon, kritische Fragen zu stellen und keine Antwort ewig gültig sein zu lassen. Natürlich unterscheiden wir uns publizistisch und in der Grundhaltung von anderen Medien. Wenn wir das nicht täten, bräuchte man uns ja nicht.