Pressefreiheit
DPA

Stadtverwaltung verbietet Fotos aus Ratssitzungen

Nach Ansicht des städtischen Justiziars seien Ratssitzungen rechtlich mit Gerichtsverhandlungen vergleichbar, bei denen es auch keine Ton- und Filmaufnahmen geben dürfe.

Cloppenburg (dpa) - Die Stadt Cloppenburg hat das Fotografieren in Sitzungen des Stadtrats verboten. Ein Sprecher der Stadt bestätigte am Dienstag entsprechende Medienberichte. Nach Ansicht des städtischen Justiziars seien Ratssitzungen rechtlich mit Gerichtsverhandlungen vergleichbar, bei denen es auch keine Ton- und Filmaufnahmen geben dürfe, sagte der Sprecher. Der Justiziar des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Benno Pöppelmann, widerspricht dieser Auffassung. "Ich halte das nicht für vergleichbar", sagte er. Die Niedersächsische Gemeindeordnung (NGO) stelle eindeutig fest, dass Ratssitzungen öffentlich seien.

   Anlass für das Fotografierverbot war eine Stadtratssitzung vor Weihnachten. Protestierende Bürger hatten wegen eines umstrittenen Tagesordnungspunkts die Sitzung von den Zuschauerplätzen verfolgt. Ein Journalist fotografierte während der Sitzung, woraufhin Cloppenburgs Bürgermeister Wolfgang Wiese (CDU) "Keine Fotos, keine Fotos" gerufen habe, schilderte der Stadtsprecher.

   Inzwischen gilt in Cloppenburg, dass Journalisten vor Fotoaufnahmen einen Antrag an den Rat stellen müssen. Nur bei "bestimmten Ereignissen wie Ehrungen" sei das Fotografieren zulässig, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadtverwaltung. In der Geschäftsordnung des Cloppenburger Stadtrats gibt es übrigens keinen Passus, der das Fotografieren verbietet. Sowohl der Erste Stadtrat als auch der Bürgermeister waren am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

   Aus Sicht des DJV-Rechtsexperten Pöppelmann ist die Haltung der Cloppenburger Verwaltung nicht haltbar. Die Gemeindeordnung sehe zwar vor, dass in bestimmten Fragen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden könne. "Dann ist aber die Öffentlichkeit insgesamt ausgeschlossen", sagte Pöppelmann.

   Die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, wonach Ton- und Filmaufnahmen während einer Verhandlung unzulässig seien, ließen sich nicht auf Gemeinderatssitzungen übertragen. Das Film- und Fotografierverbot in Gerichtssälen während der Verhandlung habe den Sinn, dass Zeugen unbeeinflusst bleiben sollen. "Ratssitzungen verhandeln öffentliche Interessen", sagte Pöppelmann. Ratsmitglieder nähmen mit der Teilnahme an der Sitzung damit eine öffentliche Funktion war. Das unterscheide diese Situation deutlich von der vor Gericht.