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ARD zeigt Dokumentation «Verraten - Sechs Freunde und ein Spitzel»

«Warum hast du deine Freunde verraten?», wird der ehemalige Stasi-Spitzel, Arnold Schölzel, heute Chefredakteur der Zeitung «Junge Welt», gefragt. Nach kurzem Zögern antwortet dieser: «Naja, ihr habt 17 Millionen verraten.»

Berlin (dpa) - Es geht um die DDR, den Widerstand und den Verrat, den es auch unter den Gegnern des Regimes gab: Unter dem Titel «Verraten - Sechs Freunde und ein Spitzel» zeigt die ARD an diesem Mittwoch (23.30 Uhr) eine Dokumentation über eine Gruppe von Oppositionellen, die sich in den 70er Jahren an der Ost-Berliner Humboldt-Universität traf. Ihr Ziel war ein «Sozialismus mit menschlichem Antlitz». Was die Mitglieder der Gruppe nicht wussten: Unter ihnen saß ein Spitzel.

«Warum hast du deine Freunde verraten?», wird der ehemalige Stasi- Spitzel, Arnold Schölzel, heute Chefredakteur der Zeitung «Junge Welt», gefragt. Nach kurzem Zögern antwortet dieser: «Naja, ihr habt 17 Millionen verraten.» Die sechs Philosophiestudenten trafen sich damals unter konspirativen Bedingungen. Mit Decknamen und Klopfzeichen, Gesprächsverbot gegenüber Freunden und Familienmitgliedern versuchten die Studenten, der Überwachung durch den DDR-Geheimdienst zu entgehen.

«Die wussten alles!», meint jedoch der Kopf der Gruppe, Klaus Wolfram, im Rückblick verbittert. Gerade der vermeintliche Freund, den Klaus selbst in die Gruppe eingeführt hatte, war der Verräter. Hunderte von Gesprächsprotokollen lieferte der Inoffizielle Mitarbeiter (IM) der Stasi unter dem Namen «André Holzer» an die Behörde. Alle Mitglieder der Gruppe wurden beschattet und schließlich verhört und verhaftet. Berufsverbote, Parteiausschlüsse und ein jahrelanges Leben unter Beobachtung bis 1989 waren die Folge.

Erst Anfang der 80er Jahre erhärtete sich in der Gruppe der Verdacht, wer der Spitzel ist. Gewissheit hatte sie erst nach der Wiedervereinigung bei Einblick in die Stasi-Akten. Schölzel gibt in dem Film zu, IM gewesen zu sein. Reue zeigt er nicht.

Aus den Stasi-Unterlagen rekonstruierte die Regisseurin Inga Wolfram, Frau des Protagonisten Klaus Wolfram, den Vorgang und berichtet zusätzlich aus ihrer persönlichen Perspektive. Günter Schabowski, ehemaliges Mitglied des Politbüros der SED, lobte die vom WDR produzierte 45-minütige Doku bei der Vorstellung am Montag in Berlin. Er sprach von einem «sehr politischen, sehr menschlichen» Film. Dieser sei ein «dokumentarisches Gegenstück» zu dem Oscar- gekrönten Kinofilm «Das Leben der Anderen».