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Tarifabschluss bei Tageszeitungen: „Verleger setzen Zukunft ihrer Zeitungen aufs Spiel“

Mit dem neuen Tarifvertrag setzen die Verleger die Zukunft ihrer Zeitungen aufs Spiel, potentieller Journalistennachwuchs wird mit diesem Abschluss abgeschreckt. Ein Kommentar von Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.

Berlin - Es ist gut, dass der Flächentarif weiterhin in ganz Deutschland gilt. Es ist auch gut, dass die Online-Redakteure in den Zeitungsredaktionen zukünftig unter das Tarifwerk fallen - auch wenn für sie der Manteltarifvertrag erst ab Mitte 2016 gilt. Und auch nur dann, wenn sie nicht in einer ausgegliederten Tochterfirma, sondern direkt bei der Tageszeitung angestellt sind.

Aber das, was die Zeitungsverleger wortstark mit dem Euphemismus „Tarifwerk Zukunft“ bezeichnen, ist ein Raubbau am Tageszeitungsjournalismus, wie wir ihn heute kennen.

Eine Wertschätzung für die gute Arbeit der Journalisten bei den Tageszeitungen sieht anders aus.

Was die Verleger aber schaffen - sie machen den Job des Tageszeitung-Redakteurs finanziell unattraktiv.

Eine Branche, die um ihre Zukunft ringt, wird mit einem Spar-Streich-Konzert zukünftig einfach nicht mehr die Besten anziehen. Potentieller Journalistennachwuchs wird in die Flucht gejagt. Mit solchen, nicht mehr wettbewerbsfähigen Gehältern setzen die Verleger die Zukunft ihrer Zeitungen aufs Spiel.

Jetzt aber auch davon zu sprechen, dass es eine lineare Erhöhung der Gehälter um insgesamt 4,0 Prozent gibt, verdeckt die Tatsache, dass sich die Tageszeitungsjournalisten seit August 2013 mit einer Nullrunde zufrieden geben müssen. Von einem Ausgleich redet da niemand. Da streuen auch die Gewerkschaften ihren Mitgliedern Sand ins Auge.

Wer es durchrechnet, kommt schnell darauf, dass die Einigung für die Tageszeitungsredakteure sogar einem Reallohnverlust gleichkommt.  

Die Einigung ist einzig mit Blick auf die lange Laufzeit des Manteltarifs erträglich, der den Flächentarif vor einer Regionalisierung bewahrt.

Die Tageszeitungsjournalisten müssen sich zudem deutlich machen, dass es nicht ausreicht, lediglich ihre Gewerkschaften vorzuschicken.

Wer nicht vor Ort, im Betrieb, seinen Redaktionsleiter, seinen Chefredakteur überzeugt, dass Journalismus mehr Wert ist, dass sein Vorsprechen bei der Geschäftsführung dem ganzen Haus dient, verliert an Schlagkraft. Wo sind eigentlich die Ausbildungsredakteure, die sich öffentlich für die jungen Kollegen eingesetzt haben?

Die Verleger müssen sich die Frage stellen, ob sie wirklich glauben, dass mit diesem Abschluss Tageszeitungsredakteure noch weiterhin bereit sind, mehr zu leisten als vereinbart. Sie verlieren sich in dem Irrglauben, dass Zeitung und Internet kostengünstig und schnell auch von Hilfskräften gefüllt werden können.

Auch für die Gewerkschaften bedeutet die Einigung eine Zäsur. Sie müssen sich neu erfinden, der Startschuss ist mit dem Tarifabschluss gefallen.

Bülend Ürük

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