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dpa - Deutsche Presseagentur GmbH

ZDF-Meteorologe Tiersch: 30 Jahre vor der Wetterkarte

Erkennt er auf einem Regenradar Unwetter, bekommt Gunther Tiersch ein mulmiges Gefühl. Als Leiter der ZDF-Wetterredaktion hat er diese Bilder jüngst häufig gesehen. Besser vorhersagen, glaubt er, lassen sich Gewitter leider nicht so bald.

Mainz (dpa) − Seit 30 Jahren blickt der ZDF-Meteorologe Gunther Tiersch auf die Wetterkarte − oder mittlerweile auf eine grüne Wand im virtuellen Studio. Bisher hat er auch dort immer auf die richtige Stelle gezeigt. Da passiere es schon eher mal, dass man vergisst, das Mikrofon anzustecken, sagte der 62-Jährige vor seinem Jubiläum (am 14. Juli) der Deutschen Presse-Agentur. „Dann ist in einer Live-Sendung plötzlich kein Ton da.“ 


In den vergangenen Wochen mussten Sie als Meteorologe oft Unwetter- und Hochwassergefahr melden. Würden Sie da gerne auch mal vor der Kamera schimpfen?

Gunther Tiersch: Wir belassen es bei den ganz seriösen Worten wie Starkregen oder Überschwemmungen. Denn letztendlich kennen wir die Auswirkungen ja gar nicht. Wir haben manchmal ganz massive Unwetter, die irgendwo in einem Wald niedergehen − da kräht kein Hahn danach. Doch wenn es in Städten und Dörfern passiert, haben wir Flutwellen. Sehen wir auf dem Radarbild, dass es richtig heftig regnet und wir Sturzfluten vermuten, dann schwingt bei uns bei der Vorhersage natürlich eine gewisse Betroffenheit mit.

 

Wie schwierig ist es trotz der ganzen technischen Möglichkeiten noch, das Wetter vorherzusagen?

Von zehn Vorhersagen sind neun richtig. Aber bei Gewittern, die einen Durchmesser von zehn Kilometern haben und sich innerhalb von einer Stunde bilden, stehen wir auf dem Schlauch. Wir können nur grob sagen, in welchem Gebiet es Gewitter geben wird, aber nicht, wo genau. Erst wenn ein Gewitter entstanden ist, können wir örtlich warnen, also nur etwa 15 bis 60 Minuten, bevor das Gewitter auch dort hinzieht. Ziel der Forschung ist es, dass die Rechenmodelle besser werden, und wir auch so kleinräumige Wettergeschehnisse etwas besser vorhersagen können. Das wird aber wahrscheinlich sehr lange dauern.

 

Wir sehen Sie im Fernsehen vor einer Wetterkarte stehen. Was sehen Sie denn?

Wir haben ein virtuelles Studio, in dem eigentlich nur die Kameras und der berühmte Tisch der Nachrichtensprecher real sind. Ansonsten ist da nicht viel drin. Ich sehe eine grüne Wand, einen grünen Boden und Gott sei Dank noch einen Bildschirm, der in Blickrichtung der virtuellen Wetterkarte steht, und auf dem ich das Bild sehe, das der Fernsehzuschauer sieht. Dadurch kann ich dort hinzeigen, wohin ich zeigen will. Vorher hatten wir eine blaue Wetterwand, eine Blue Box.

 

Haben Sie schon einmal auf die falsche Stelle gezeigt?

Nein, so etwas passiert natürlich nicht. Es ist eher so, dass man mal vergisst, das Mikrofon anzustecken oder anzuschalten. Und dann ist in einer Live-Sendung plötzlich kein Ton da. Dann bekommt man schnell ein anderes Mikrofon gereicht.

 

Werden Sie zur Jubiläumssendung etwas Verrücktes tun?

Nein, sicherlich nicht. Es kann sein, dass ich ab und zu mal wieder mein Jackett vorher zu- und dann aufmache. Manchmal darf Wetter auch unterhaltsam sein, gerade für die jungen Leute. Andere wollen nur kurz wissen, wie das Wetter wird. Wir werden in diesem Jahr zwei Wetter-Touren machen und ein bisschen rausgehen, das ist eine gewisse Auflockerung. Aber dann kommt der Vorwurf einiger Zuschauer: Die machen da auf unsere Kosten billig Urlaub an der Ostsee oder in den Alpen. Denen rate ich, mal bei diesem Stress dabei zu sein.

 

ZUR PERSON: Gunther Tiersch, geboren am 30. April 1954 in Ratzeburg, hat in Berlin Meteorologie studiert und präsentiert seit 1986 für das ZDF die Wetterkarte. Seit zwölf Jahren ist er für die ZDF-Wetterredaktion verantwortlich, 2009 erhielt er den Medienpreis für die beste Wetterpräsentation im Deutschen Fernsehen. Tiersch war vor seiner Arbeit als Meteorologe Steuermann des Deutschen Achters im Rudern, 1968 wurde er Olympiasieger in Mexiko.