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"Mach es groß": Magazine setzen auf die Langstrecke

Manche Zeitschriften sind aufwendiger gemacht als viele Bücher. Und manchmal auch dicker. Sie wandern nicht schnell ins Altpapier, sondern eher ins Regal. Sie sind für Leser, die sich Zeit für die Lektüre nehmen − ein neuer Trend.

Berlin (dpa) - «Mach es groß“ lautet das Motto für das neue Männermagazin „Ernst“. Groß sind auch die Ankündigungen der Macher der neuen Zeitschrift, für es um „die Zukunft des Journalismus abseits der großen Verlage“ geht. Und groß sind außerdem die Abstände, in denen das von einem Herausgeberverein in der Schweiz getragene Gesellschaftsmagazin erscheint: vierteljährlich. Am 20. März soll es mit einer Auflage von zunächst 6000 Exemplaren in Deutschland, Österreich und der Schweiz losgehen. „Ernst“ ist kein exotischer Einzelfall. Auch andere Verlage haben neue, hochwertige Magazine entwickelt, die nicht fürs schnelle Blättern gedacht sind, sondern für ausgiebige, entspannte Lektüre. 

 

„Der Zeitschriftenmarkt wächst“, sagt Stephan Scherzer, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Das gelte gerade für Special-Interest-Titel.

Ein Trend geht hin zu Magazinen, die in eher größerem Abstand erscheinen und damit ein Gegengewicht zum schnellen Nachrichtenkonsum im Web und in den sozialen Medien bilden. „Die Dame“, „Salon“ oder «FAQ“: So heißen einige der aufwendig gestalteten Hochglanzmagazine, die im Vierteljahrestakt oder sogar noch seltener herauskommen. Mit einem Umfang von häufig mehr als 150 Seiten erinnern sie eher an Bücher als an Zeitschriften.

Inhaltlich beschäftigen sie sich mit Mode, Lifestyle, Einrichtungen, aber auch mit gesellschaftlichen und politischen Themen. Der Copypreis ist vergleichsweise hoch, und sie sind aufwendig produziert: Großformat sowie unterschiedliche, hochwertige Papiersorten sind Standard. „Das ist natürlich eine der Stärken: klare, opulente Bilder, gerade auch bei Leidenschaftsthemen. Die will der Leser auf gutem Papier sehen“, sagt Stephan Scherzer,

Und noch ein anderes Bedürfnis bedienen die Macher nach seiner Einschätzung: «Solche Zeitschriften akzeptieren das Zeitbudget ihrer Leser. Die Menschen wollen die Chance haben, das Angebot zu konsumieren. Und deshalb funktionieren Zeitschriften auch in digitalen Zeiten.»

Anfang März brachte das Axel Springer Mediahouse die in den 20er und 30er Jahren renommierte Mode- und Frauenzeitschrift „Die Dame“ neu auf den Markt. Das Magazin erschien damals im liberalen Ullsteinverlag. Zu den Autoren heute gehören junge Schriftstellerinnen wie Helene Hegemann und Ronja von Rönne oder die Journalisten Lydia und Andreas Rosenfelder. Nach den Worten von Herausgeber Christian Boros soll das neue großformatige Magazin ein „analoges Ausrufezeichen in der digitalen Gegenwart“ sein und „ein Magazin zum Erleben, nicht zum Blättern und Klicken“. Die erste Ausgabe ist fast 300 Seiten dick.

Der „Salon“ erscheint seit 2014 im Vierteljahrestakt bei Gruner + Jahr. «Die Auflage liegt stabil bei 25 000 Exemplaren. Die Aboauflage wächst zu jeder Ausgabe“, sagt Herausgeberin Astrid Hamer. Zu den Leserinnen gehörten vor allem „intellektuelle und anspruchsvolle Frauen mit Niveau, Klasse und Geld.“ Das sei auch für Anzeigenkunden attraktiv.

Auch der Verlag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat ein Langstrecken-Magazin im Programm. Seit Ende vergangenen Jahres erscheint „Frankfurter Allgemeine Quarterly“ («FAQ») − ein neues Standbein neben den Kernprodukten „FAZ“ und «FAS“. „Wir hatten Nachforderungen aus dem Handel, was sehr erfreulich ist. Die Anzeigenkunden sind begeistert“, sagte Verlags-Geschäftsführer Thomas Lindner kürzlich dem Medienmagazin „KressPro“.

Die Zeitschriften richten sich vor allem an überdurchschnittlich gebildete Leser mit überdurchschnittlichem Einkommen, Männer wie Frauen. Sie betonen das Analoge und grenzen sich ab vom digitalen Zeitgeist: „Das Magazin lädt seine Leserinnen zum Verweilen ein und versteht sich als Gegenentwurf zur digitalen Hektik unseres Lebens“, sagt „Salon“-Herausgeberin Hamer.

Doch solche Magazine sind keine Selbstläufer. Werner Zedler brachte in seinem eigenen Oyster Verlag im vergangenen Jahr mit Hilfe eines Investors vier hochwertige Ausgaben des politischen Magazins „Onyx“ heraus. Das Projekt hatte keinen Erfolg. „Man braucht Verbindungen, einen eigenen Apparat für das Marketing“, sagt Zedler. Daran fehlte es ihm.

Hinzu kommt: Die neuen Titel sind keine Auflagen- und Umsatzwunder, sie etablieren sich in der Nische. „Wenn „Quarterly“ mal eine halbe Million [Euro] abliefert, wäre ich schon zufrieden“, sagte Verlags-Geschäftsführer Lindner im Interview. Der Gesamtumsatz des Verlags lag 2015 bei 260 Millionen Euro. Die neuen Magazine sind nur Bausteine in einer langfristigen Strategie. Aber sie zeigen, dass es im Printmarkt Chancen für aufwendig gemachte neue Zeitschriften gibt.