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PR-Doyen Gerhard Pfeffer: 'Siemens muss die vergangenen Jahre aufarbeiten'

Es war die überraschendste Personalie der Woche: 'Handelsblatt'-Vize Michael Inacker wird doch nicht neuer Siemens-Pressechef.

Köln - 'Für Michael Inacker ist der Nicht-Wechsel zu Siemens aber keine Niederlage, er kann ja nichts für die Umstände', sagt Gerhard Pfeffer, Doyen der deutschen PR-Branche, im Newsroom.de-Interview.

Newsroom.de: Herr Pfeffer, das PR-Journal hat am Dienstag als erstes Branchen-Medium über den Nicht-Wechsel von Herrn Inacker zu Siemens berichtet.

 

Gerhard A. Pfeffer.

 

Gerhard Pfeffer: Wir haben in München drei Korrespondenten. Diese Info bekamen wir am Montagabend aber über den  „dossierB“-Newsletter. Mit der Zustimmung von Peter Carl haben wir Dienstagfrüh als erstes Kommunikationsmedium die Personalie online verbreitet. Das „PR-Journal“ ist durch mich, im kommenden Jahr werde ich 50 Jahre in der PR aktiv sein, und ein tolles Redaktionsteam in Deutschland bestens vernetzt.


Newsroom.de: Für Außenstehende erscheint es ungewöhnlich, dass ein schon angekündigter Wechsel nicht erfolgt. Was ist los bei Siemens?


Gerhard Pfeffer: Das ist nicht ungewöhnlich, weil ein neuer Unternehmenschef in seinem direkten Umfeld immer mit Leuten seines Vertrauens arbeiten möchte. Selbst langjährige PR-Chefs mussten so öfters das Feld räumen - nur wenige „überlebten“ einen Vorstandswechsel. Zudem hat Siemens seit Jahren Probleme in seiner Kommunikationsarbeit.


Newsroom.de: Manche Medienbeobachter urteilen, der Nicht-Wechsel zu Siemens sei für den Handelsblatt-Vize Inacker eine Niederlage. Wie sehen Sie das?

Gerhard Pfeffer: Nein, das ist keine Niederlage - er kann ja nichts für die Umstände. Außerdem hat er Erfahrung beim Wechsel zwischen Journalismus und PR. Und wie man munkelt, hat er ja nun eher ein Millionen-Anlageproblem nach Abzug von Steuern. Auch das ist ok, wenn man bedenkt, was unternehmerische Versager als Millionen-Abfindung kassieren.


Newsroom.de: Was würden Sie Siemens raten, wie sollte das Unternehmen seine Pressearbeit nach den anstrengenden Wochen angehen?


Gerhard Pfeffer: Es sind ja leider Jahre aufzuarbeiten. Siemens sollte endlich neue Wege in der Kommunikation gehen - vor allem im Social-Media-Bereich und in der direkten Kommunikation. Die haben doch gute Leute, man müsste sie nur machen lassen. Mutige Dialogbereitschaft muss von oben vorgelebt werden. Da habe ich aber Zweifel, denn so große Unternehmen sind manchmal noch bürokratischer als Beamte in Behörden.


Newsroom.de: Und welchen Rat würden Sie Herrn Inacker jetzt von Kollege zu Kollege geben?


Gerhard Pfeffer: Erst mal ausspannen und nicht nervös machen lassen. Bin gespannt, wann ihm das Nichtstun langweilig wird. Entweder kommt noch ein gutes Angebot – bei seinen Erfahrungen könnte er aber auch mal auf die Beraterseite wechseln.

Die Fragen an Gerhard Pfeffer, Chefredakteur und Herausgeber der Websites "PR-Journal" + "PR-Lokalreporter" sowie des wöchentlichen Online-Branchendienstes "Pfeffers PR-Newsletter", stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.