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"Magdeburger Volksstimme": Bauer-Statthalter muss vor Gericht

Der noch bis zum Ende des Jahres amtierende Geschäftsführer der "Magdeburger Volksstimme" muss sich vor Gericht verantworten. Das Landgericht Magdeburg hat eine Anklage gegen den erfahrenen Medienmanager zugelassen.

Magdeburg - Damit folgen die Richter der Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft, die einen hinreichenden Tatverdacht für eine Straftat ansieht.

Das Amtsgericht Magdeburg hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens zuerst aus rechtlichen Gründen abgelehnt, daher musste die 1. Strafkammer des Landgerichts als Beschwerdekammer über den Fall entscheiden.

 

Die Arbeitsverhältnisse bei der "Magdeburger Volksstimme" werden seit Jahren kritisiert. Jetzt klagt die Staatsanwaltschaft den Geschäftsführer der einzigen Tageszeitung des Bauer-Verlages an. Ein Gerichtstermin steht aber noch nicht fest.

 

Im Fall einer Verurteilung droht dem Verlagsmanager die Verhängung einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.

Um was es geht

Seit Jahren kommt die "Magdeburger Volksstimme" nicht zur Ruhe.

Das Blatt im Norden von Sachsen-Anhalt mit 18 Lokalausgaben ist die einzige Tageszeitung, die sich im Besitz des international breit aufgestellten Zeitschriften-Großverlages Bauer Media Group befindet.

Die Gewerkschaften klagen schon lange, oftmals wirkten die Zeitschriften-Titanen aus dem feinen Hamburg als Zeitungsverleger in der ostdeutschen Provinz überfordert, vor allem beim Thema Mitarbeiterführung.

Bauer regiert in Magdeburg mit harter Hand.

Inzwischen sind es 42 unterschiedliche Gesellschaften, die in Gänze das Produkt "Magdeburger Volksstimme" erstellen, wo irgendwie möglich, werden eigene Profit-Center gegründet.

 

Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft Magdeburg bezieht sich bei ihrer Anklage gegen den Bauer-Manager auf den Paragraphen 119 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Dort heißt es auszugsweise:

"§ 119 Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

….

2.

die Tätigkeit des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der in § 76 Abs. 8 bezeichneten tariflichen Schlichtungsstelle, der in § 86 bezeichneten betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses behindert oder stört, oder …


(2) Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt."

 

Mit der Zerschlagung der Mantelredaktion und anschließenden Aufteilung in drei verschiedene Gesellschaften zum 1. Februar 2013 hat es die Verlagsleitung auch geschafft, dass es bei der "Magdeburger Volksstimme" inzwischen keinen Betriebsrat mehr gibt. Ein Novum in der deutschen Zeitungsbranche - die Beschäftigten, die sich im Betriebsrat engagierten, mussten das Haus verlassen.

Bei einer Tageszeitung mit einer verkauften Auflage von 184.300 Exemplaren (IVW 3/2013) also kein Betriebsrat, niemand, der als gewählter Vertreter der Arbeitnehmerschaft mit der Geschäftsführung auf Augenhöhe diskutieren oder verhandeln kann.

Gewerkschaftsvertreter durfte nicht zur Betriebsratssitzung

Grund für die Anklage gegen den langjährigen Verlagsgeschäftsführer: die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, einen Gewerkschaftsvertreter durch ein Zutrittsverbot daran gehindert zu haben, an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen.

Dieser Gewerkschaftsvertreter ist niemand Geringeres als Uwe Gajowski, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) in Sachsen-Anhalt.

Gajowski sollte am 13. November 2012 auf Einladung des damals noch amtierenden Betriebsrates an einer Sitzung auf dem Gelände der "Volksstimme" teilnehmen. Lapidar verweigerten Sicherheitskräfte den Zutritt mit dem Hinweis, der Geschäftsführer würde ihm den Zutritt auf das Gelände nicht erlauben.

Der DJV-Landeschef tobt, wenn er auf den Bauer-Verlag angesprochen wird: "Es ist so ein eklatanter Tabubruch, so etwas werden wir uns nicht bieten lassen, es gibt Gesetze in diesem Land", sagt Uwe Gajowski deutlich.

Und fügt hinzu: "An diese Gesetze muss sich auch eine Frau Bauer halten."

Die Verhandlung gegen den Verlagsleiter soll vor dem Amtsgericht Magdeburg stattfinden. Ein Termin steht noch nicht fest.

Eine Bauer-Sprecherin erklärte auf Anfrage von Newsroom.de, dass der Verlag sich "grundsätzlich nicht zu laufenden Verfahren" äußere.

Laut Informationen von Newsroom.de hätte die Gerichtsverhandlung schon im Vorfeld verhindert werden können.

Das Angebot der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen die Zahlung von 1000 Euro einzustellen, lehnte der Bauer-Mann nach unseren Informationen allerdings ab.

Bülend Ürük

Hintergrund in der taz: Skandal bei Magdeburger „Volksstimme“ - Tschüss, Mitbestimmung