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Axel Hahne vom „Industrie-Anzeiger“: „Fachpresse muss im Alltag öfter nachbohren“

„Guter Technikjournalismus muss nicht nur über Technik berichten, sondern sie auch einmal kritisch hinterfragen“, erklärt Axel Hahne, Redakteur des im Konradin-Verlag erscheinenden „Industrie-Anzeiger“.

Berlin - Für Axel Hahne steht fest: „Für einen technik- und medienaffinen Menschen bietet der Technikjournalismus natürlich vielfältige Möglichkeiten, sich auszutoben. Und sich als angehender Journalist auf ein Themenfeld zu konzentrieren, ist auf jeden Fall sehr empfehlenswert.“

Zur Person: Axel Hahne, Jahrgang 1986, ist seit November 2012 Redakteur beim im Konradin-Verlag erscheinenden „Industrie-Anzeiger“.

 

Die Google-Brille passt: Axel Hahne hat Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg studiert.

 

Hahne hat von 2006 bis 2010 Technikjournalismus an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit Abschluss Diplom-Journalist (FH) studiert. Während des Studiums Mitarbeit beim Online-Magazin netzwelt.de in Hamburg, zudem freier Journalist unter anderem für „General-Anzeiger“ in Bonn, Landesanstalt für Medien NRW und BINE Informationsdienst. Sein Volontariat hat Axel Hahne von 2010 bis 2012 beim SPS-Magazin (TeDo-Verlag, Marburg), der führenden Fachzeitschrift für Automatisierungstechnik im deutschsprachigen Raum, in unterschiedlichen Ressorts und Themenbereichen, absolviert. Beim „Industrie-Anzeiger ist Axel Hahne zuständig für Automatisierungstechnik, Energietechnik und IT.

Was macht für Sie guten Technikjournalismus aus?

Axel Hahne: Technikjournalismus beschränkt sich heute leider viel zu oft auf das Aufbereiten von Pressematerial, welches Redaktionen von Unternehmen oder Instituten geliefert bekommen. Das liegt zum einen an der riesigen Flut von Pressemeldungen, die jeder Redakteur täglich per E-Mail bekommt, zum anderen am hohen Zeitdruck. Guten Technikjournalismus macht dagegen aus, nicht nur über Technik zu berichten und sie zu erklären, sondern diese auch kritisch zu hinterfragen (auch ihre Auswirkungen). Interessanter als das, was in Pressemeldungen zu Lesen ist, ist oft das, was nicht kommuniziert wird. Hier müsste eigentlich öfters nachgebohrt werden, als es aktuell im Fachpresse-Alltag üblich ist.

Technik ist heute überall. Ab wann sagen Sie, dass Sie ein Thema aufgreifen müssen?

Axel Hahne: Für jede Redaktion gibt es natürlich Themen, um die sie nicht herumkommt, weil - oder auch wenn - jede Zeitung oder jedes Magazin dieses aufgreift. Ein Beispiel dafür ist das Dauerthema Industrie 4.0, das aktuell keine Industriezeitschrift ignorieren kann. Ansonsten gilt für den Technikjournalismus das selbe, wie für andere Ressorts auch: Themen sollten aktuell, interessant, relevant und/oder auch mal skurril sein.

Wenn Sie Zeitungen, Zeitschriften lesen, Radio hören oder Fernsehen schauen - glauben Sie, dass alle Journalisten, die über Technik berichten, auch die Technik verstehen?

Axel Hahne: Nein. Ich stoße leider immer wieder mal auf Beiträge, denen man schnell anmerkt, dass sich der Autor nicht genügend mit der Technik beschäftigt hat. Da hätte oft ein klein wenig Recherche mehr schon gereicht. Ich möchte mich hier selbst aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen:  Gerade bei Industriethemen hat man es oft mit Technik zu tun, die so komplex ist, dass nur ein Ingenieur, der sich im Berufsalltag mit nichts anderem beschäftigt, diese vollständig verstehen und erklären kann.

Was war für Sie das eindrucksvollste Erlebnis bei einer Technik-Recherche?

 

Diplom-Journalist (FH) Axel Hahne, Jahrgang 1986, ist Redakteur beim "Industrie-Anzeiger" und dort zuständig für Automatisierungstechnik, Energietechnik und IT.

 

Axel Hahne: Das war wahrscheinlich als Volontär mein erster Besuch der Hannover Messe.

Wie reagieren eigentlich Ihre Leser auf Ihre Beiträge? Gibt es viele, die schimpfen, dass man nicht akkurat genug berichtet hat? Und - wie genau muss man eigentlich berichten, damit man alle Nutzer zufriedenstellt?

Axel Hahne: In der technischen B2B-Fachpresse ist direktes Feedback der Leser eigentlich eher selten. Wenn sich ein Leser meldet, hat er meistens irgendwo einen Fehler zum Beispiel eine falsche Zahl gefunden. Dankbar sind wir in der Redaktion immer für Rückmeldungen von Lesern, die den Aussagen eines Autoren nicht zustimmen und eine bestimmte Sache anders sehen. In diesem Fall veröffentlichen wir gerne mal einen Meinungsbeitrag, wenn er gut geschrieben ist, beziehungsweise eine „Pro- & Contra“-Gegenüberstellung zweier Meinungen. Ansonsten gilt natürlich: Es kann und darf nicht das Ziel eines Journalisten sein, jeden Leser zufriedenzustellen.

Bei welchem Thema würden Sie gerne intensiver recherchieren können?

Axel Hahne: Ich würde mich gerne einmal ausführlicher mit dem Umgang der Menschen mit dem technischen Fortschritt und den positiven und negativen Auswirkungen der Technik auf Gesellschaften beschäftigen, vor allem außerhalb der "ersten Welt".

 

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Warum sollten sich jüngere Kollegen aus Ihrer Sicht heute für den Technikjournalismus entscheiden? Oder sollen Sie lieber in einem anderen journalistischen Feld arbeiten?

Axel Hahne: Für einen technik- und medienaffinen Menschen bietet der Technikjournalismus natürlich vielfältige Möglichkeiten, sich auszutoben. Und sich als angehender Journalist auf ein Themenfeld zu konzentrieren, ist auf jeden Fall sehr empfehlenswert: Jeder Journalist sollte in der heutigen Zeit versuchen, Experte eines Themen- oder Fachgebietes zu werden. So kann man es viel eher als ein Generalist vermeiden, in dem immer härter werdenden Umfeld unterzugehen. Der Bedarf an guten Technikjournalisten ist vergleichsweise groß und wird auch in Zukunft mit Sicherheit nicht geringer werden. Nur sollte man sich nicht langfristig darauf festlegen, nicht auch mal für die andere Seite des Schreibtischs zu arbeiten.

Sind Ingenieure die besseren Technikjournalisten?

Axel Hahne: Ob Ingenieure die besseren oder schlechteren Technikjournalisten sind, lässt sich nicht pauschal sagen. Ich kenne Ingenieure, die sehr guten Technikjournalismus machen. Sie haben den Vorteil, dass sie oft eine Menge Fachwissen mitbringen. Mindestens genauso wichtig ist aber das journalistische Handwerk und die Fähigkeit, Artikel lesenswert zu gestalten. Redakteure oder Autoren, die einen journalistischen Hintergrund haben, tun sich dabei natürlich meist leichter. Spezielle Studiengänge, wie sie beispielsweise von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg oder der Technischen Hochschule Nürnberg angeboten werden, bieten angehenden Technikjournalisten eine sehr gute Grundlage.

Die Fragen an Axel Hahne, Redakteur beim in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart erscheinenden Industrie-Anzeiger, stellte Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük.