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Adolf Theobald: „Der Chef rief: Faulenzer raus!“

Noch im Frühjahr wurde Adolf Theobald für sein Lebenswerk vom „Wirtschaftsjournalist“ geehrt.

Berlin - Wie Peter Turi zuerst berichtete, verstarb der große Journalist Adolf Theobald am vergangenen Montag.

NEWSROOM veröffentlicht seine Dankesworte, die er schon nicht mehr persönlich halten konnte.

Zur Person: Adolf Theobald war in seiner langen Karriere Chefredakteur von „Twen“, „Capital“, „Natur“ und „Geo“. Zudem arbeitete er als Manager für den Hamburger Großverlag Gruner+Jahr, Ringer und den „Spiegel“. Im Dezember 2013 erkannte ihm eine Jury des NEWSROOM-Schwestertitels „Wirtschaftsjournalist“ den Preis für sein Lebenswerk zu. Der legendäre Blattmacher Adolf Theobald verstarb am Montag im Alter von 84 Jahren. B.Ü.

Ich weiß nicht, was Arno Balzer so alles Gute über mich gesagt hat. Als höflicher Mensch hat er sicher eins nicht gesagt: mein Alter.

Ich bin vor paar Tagen 84 geworden und ich fühle mich auch so.

Das ist auch der Grund, warum ich heute Abend nicht bei Ihnen sein kann. Ich versuche zur Zeit mein Herz in einer brandenburgischen Reha etwas zu stabilisieren. Insofern findet der Dank an die Jury für die Auszeichnung  nur auf dem Papier, nicht persönlich statt.

Die Wirtschaftspresse in Deutschland durfte ich etliche Dezennien verfolgen und da fällt mir in der Entwicklung doch so einiges auf.

Was sich hierzulande in den fünfziger Jahren als Wirtschaftspresse anbot, war eher dürftig, vor allem schmucklos.

Abgesehen von der „Börsenzeitung“, die als kommentiertes Kursblatt sehr nützlich war, gab es drei Titel, die den Begriff der Publikumszeitschrift nur aus weiter Ferne kannten.

Die „Wirtschaftswoche“ hieß damals noch „Der Volkswirt“ und damit war seine Attraktion für den Leser treffend beschrieben.

Ich hatte immer den Eindruck, die Redaktion säße im Vorzimmer eines angesehenen Wirtschaftsprofessors. Dabei saß der im Herausgebergremium der FAZ, ich meine Professor Welter.

Die Auflage des „Volkswirts“ lag bei 12.000, der Auflagenrenner war dagegen das „Handelsblatt“ mit rund 30.000 Exemplaren.

Ein kluges Blatt, gemacht für die Ministerialbürokratie des Wirtschaftsministers, das an der Gesetzgebung des Landes mitarbeitete. Sehr verdienstvoll, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Der Dritte im Bunde, der „Industrie-Kurier“, Organ der Ruhrindustrie, war entsprechend kleiner in der Auflage. Das Verhältnis seines Eigners Writezner zum Journalismus ist am kürzesten beschrieben, wie der Chef zur Redaktionskonferenz lud. Er stellte sich in den Gang und rief: Faulenzer raus.

Aber selbst die Writezner’schen Redakteure entwickelten sich.

Anfangs hatten die Gilde der Wirtschaftsjournalisten noch den Hautgout von willigen Reisejournalisten.

Statt unbezahlten Reisen waren es die Einladungen der Manager zum Abendessen als Incentive, mit Krawatte und Blumen für die Gattin. Diese Form der Kumpanei schuf Abhängigkeit und Wohlwollen. Dies hat sich grundlegend geändert. Als Politiker würde ich sagen, der heutige Wirtschaftsjournalismus ist korruptionsfrei.

Und damit komme ich auf den heutigen Standard Ihres, unseres Gewerbes.

Die Wirtschaftspresse präsentiert sich heute auf hohem Niveau. Die Kollegen sind  besser ausgebildet, nicht nur fachlich, auch handwerklich.

Und damit meine ich das Machen einer Zeitschrift, das ja nicht nur im Verfassen eines Artikels besteht, sondern in der Zubereitung für den Leser.

Die Diktion, der Text ist heute voraussetzungslos, also für viele verständlich und die optische Präsentation steht anderen Pressetitel aus populäreren Gebieten nicht viel nach. Erreicht wurde das durch eine epochale Veränderung, ich meine die Personalisierung des Inhalts. 

Die einstige Unternehmensberichterstattung (noch ein sprachliches Relikt aus fernen Zeiten) ist zur Story über die Macher der Ökonomie geworden, dem Leser so näher gebracht, menschlich begreifbar.

Und das erlaubt mir aus meinem Lebenswerk die Redaktionsformel von Capital zu zitieren: Das Wirtschaftlich menschlich und das Menschliche wirtschaftlich verstehen - so stand es im Impressum.

Ein guter Vorsatz, mit dem Sie ja längst alle arbeiten. Und das nicht nur schlecht, sondern sehr gut. Der heutige Wirtschaftsjournalismus verdient meinen allergrößten Respekt. Und damit meine ich Sie.

Adolf Theobald

turi2, Peter Turi: Blattmacher Adolf Theobald ist tot