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Wie Journalistinnen und Journalisten mit Familie sich neue Freiheiten schaffen

Wie Journalistinnen und Journalisten mit Familie sich neue Freiheiten schaffen Attila Albert

Viele Medienprofis zwischen Mitte 40 und Anfang 50 wollen sich verändern, weil der Job sie nicht mehr erfüllt oder erschöpft. Doch finanzielle und familiäre Verpflichtungen scheinen sie gefangen zu halten. Mediencoach Attila Albert sagt, wie Sie sich neue Freiräume verschaffen.

Berlin – Schon seit mehreren Jahren stellte sich ein Verlagsleiter vor, wie befreiend es wäre, seinen Job zu kündigen und etwas Neues anzufangen. Was genau, wusste er noch gar nicht, auch wenn er einige Ideen hatte. Doch es schien sowieso unmöglich: Er zahlte mehrheitlich das Leben seiner Familie, darunter die hohe Miete. Seine Frau verdiente deutlich weniger, schien aber, wie die Kinder, ein gehobenes Lebensniveau zu erwarten. Bio-Einkäufe, TV- und Musik-Abos, Markenkleidung, regelmäßige Restaurantbesuche, Ausflüge, mindestens zwei teure Urlaube jährlich. Demnächst wollten die Kinder für ein Jahr nach England, danach zur Uni. So ging das immer weiter. Wer dachte dabei an seine Träume?

 

Man könnte annehmen, dass mit fortschreitender Karriere auch die Freiheiten zunehmen. Schließlich ist man in gehobener Position, verdient mehr, ist erfahrener, besser vernetzt. Oft ist aber das Gegenteil der Fall. Lebenshaltungskosten, Verpflichtungen und Ansprüche sind noch stärker gestiegen, Entschlusskraft und Mut gesunken. So finden sich insbesondere Medienprofis zwischen Mitte 40 und Anfang 50 in einer unangenehmen Situation wieder: Sie würden sich gern verändern (z. B., weil der Job sie nicht mehr erfüllt oder erschöpft), fühlen sich aber wegen ihrer familiären und finanziellen Umstände darin gefangen. Doch es ist möglich, sich trotzdem wieder neue Freiräume zu verschaffen.

 

Entscheiden, auch mal wieder an sich zu denken

Der erste Schritt besteht darin, sich von einer – zugegeben tröstlichen – Lebenslüge zu verabschieden: Dass es „später“ leichter würde, man daher am besten „erst einmal nur überlegen“, damit wie gehabt weitermachen sollte. Mit ein bisschen Ehrlichkeit wird man einräumen müssen, dass man sich das schon seit Jahren erzählt und den Zeitpunkt für eine Veränderung fortlaufend verschiebt. „Bis die Kinder aus der Schule sind“, „der Partner seine Weiterbildung beendet hat“, „die Kinder mit der Uni fertig sind“, „das Haus gekauft und bezahlt ist“ ... All das muss berücksichtigt werden. Geht jedoch alles andere immer vor, ist man planerisch selbst bald in der Zeit der Altersteilzeit und Rente.

 

Der Wechsel in diesem Lebensalter und mit Familie ist anspruchsvoll genug. Die finanziellen und zeitlichen Spielräume sind begrenzt, müssen daher genauer geprüft und konsequenter genutzt werden. Frühere Ideen sind nicht umgesetzt oder immer verworfen worden, vereinzelte Bewerbungen haben zu nichts geführt. Da braucht es nun einen überzeugenderen, solideren Zukunftsplan. Man hat sich daran gewöhnt, ein inkonsequentes Auf und Ab der Gedanken und Gefühle hinzunehmen. Will unbedingt gehen, wenn der Chef einen frustriert, die Aufgaben zu viel werden. Bleibt doch, wenn wieder eine gute Phase kommt, der nächste Urlaub ansteht. Da braucht es mehr Entschlusskraft und Mut.

 

Offene Gespräche mit Partner und Kindern

All das ist schon im besten Fall eine nicht ganz einfache Ausgangslage, nämlich mit einer harmonischen Beziehung und Familie. Umso schwieriger ist es nach einer Trennung mit geteiltem oder noch umkämpftem Sorgerecht und Unterhaltsverpflichtungen. Ebenso, wenn Familienangehörige (z. B. ein Elternteil) finanziell zu unterstützen oder zu betreuen sind. Doch all das gehört zum Leben. Ihre eigene Zufriedenheit und Entwicklung können deswegen nicht ewig hinten anstehen. Insbesondere, wenn Sie die Hauptlast tragen und deshalb eine besondere Verantwortung haben, dass das auch zukünftig möglich ist.

 

Neben einer Entscheidung, was Sie beruflich weiterführen und was Sie verändern wollen, sind meist auch einige private Klärungen notwendig. Gerade erfolgreiche Medienprofis müssen mit Partner und Kindern besprechen, dass sie finanziell und zeitlich andere Prioritäten setzen, die Verantwortung besser verteilen wollen. Das ist nicht leicht. Jeder will für seine Lieben das Beste. Aber die Situation hat sich verändert. Zudem sind gewisse Fehlentwicklungen zu korrigieren (dass z. B. Ihre Bedürfnisse bisher immer zuletzt kamen). Solche ehrlichen Gespräche können sogar eine engere familiäre Verbindung schaffen, wenn nämlich Ihre Neuorientierung zu etwas wird, das alle gemeinsam unterstützen.

 

Schon eine Stunde pro Woche bringt etwas

Wer mit Mitte 40 bis Anfang 50 – oft lange beim selben Arbeitgeber – einen Wechsel endlich ernsthaft angehen will, braucht dafür zuerst mehr Zeit für sich. Bei all den Forderungen und Wünschen, die ständig beruflich und familiär an Sie herangetragen werden, lautet daher der grundlegende erste Entschluss: Jetzt geht es auch mal um mich. Schon eine fest eingeplante Stunde pro Woche bringt viel, um sich strukturiert Gedanken über die eigene Lage und erhoffte Zukunft zu machen, Ideen abzuwägen und weiterzuentwickeln, also in einen Plan zu überführen. Danach: Dranbleiben, aus der Routine ausbrechen.

 

Dazu gehören grundlegende Prüfungen und eventuelle Anpassungen: Sind Anschreiben, Lebenslauf und Außendarstellung noch zeitgemäß, ist das professionelle Netzwerk aktiv, hat man noch die Routine für ein Vorstellungsgespräch? Radikale Wechsel sind für Väter bzw. Mütter selten. Typisch ist der Wechsel in eine neue, nun passendere Festanstellung oder in Teilzeit, eventuell mit einer nebenberuflichen Selbstständigkeit kombiniert. Das bedeutet: Ein kalkuliertes Risiko, das sich auch mit Familie eingehen und bewältigen lässt. Die Mühe lohnt sich, denn vor Ihnen liegen noch immer zehn bis 20 Berufsjahre. Wenn es gelingt, können sie noch einmal ebenso aufregend, lehrreich und erfüllend werden wie damals am Anfang Ihrer Karriere.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Warum Medienprofis mit Ende 30 einen Wechsel wagen

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.