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Neue Lebensphase: Warum Veränderungen für Medienprofis unvermeidlich sind

Neue Lebensphase: Warum Veränderungen für Medienprofis unvermeidlich sind Attila Albert

Karrierecoach Attila Albert rät dazu, berufliche und private Neuanfänge aktiv zu gestalten. Ob neuer Wohnort, andere Aufgaben oder mehr Zeit für Familie – veränderte Prioritäten gehören zum Leben dazu und machen langfristig stärker.

Berlin – Manche Menschen sind davon überzeugt, dass alle sieben Jahre eine neue Lebensphase beginnt. Die Einschulung mit sieben Jahren, der Beginn der Jugend mit 14 Jahren, das Ende der Berufsausbildung und die erste eigene Wohnung mit 21 Jahren beispielsweise, die feste Beziehung mit 28 Jahren, die Gründung einer Familie mit 35 Jahren … Empirisch lässt sich das nicht halten, wie meist schon der Vergleich mit den eigenen Lebensdaten zeigt. Aber dieser Gedanke hat einen wahren Kern: Das Bestehende ändert sich regelmäßig und dann oft auch fundamental – mal selbstgewählt und oft auch zuerst ungewollt.

 

Eine neue Lebensphase bedeutet immer: veränderte Prioritäten. Etwas wird plötzlich wichtiger, anderes zählt nicht mehr so viel, von manchem hat man einfach genug. Ich habe als Redakteur z. B. mehr als 20 Jahre im Schichtdienst gearbeitet und das durchaus nicht ungern. Die Sonntage waren oft ruhig, es gab einen guten und sogar steuerfreien Gehaltszuschlag. Man konnte freie Tage aufsammeln, für Erledigungen werktags oder für verlängerte Ferien. Aber das hatte auch seinen Preis: Selten ein komplettes Wochenende frei, nie genug Zeit für Familie, Freunde und Freizeitaktivitäten. Irgendwann reicht es.


Manche Lebensphasen werden auch durch eine dramatische Veränderung erzwungen: Man schafft seinen Job gesundheitlich nicht mehr oder wird entlassen; eine schwierige Trennung inklusive notwendigem Umzug braucht so viel Kraft, dass man sich darauf konzentrieren muss. „Ich brauch mehr Zeit für mich“, sagt man dann, meint aber: „Ich muss mein Leben wieder auf die Reihe bekommen.“ Das kann auch schöne, wenngleich ebenso anstrengende Gründe haben: Die ersten Kinder sind da, und man weiß, dass man sein bisheriges Leben nicht mehr weiterführen kann, sondern neu gestalten muss.
(Ausführlich zu Karriere-Optionen für verschiedene Lebensphasen sowie passenden Strategien in meinem Ratgeber „Ich brauch keinen Purpose, sondern Geld“.)


Wer ständig verreisen will, braucht ein neues Zuhause
Der Gedanke an siebenjährige Rhythmen, die in jedem Fall kommen, enthält auch eine weitere wertvolle Anregung: Wer sich ihnen verweigert, sie verschleppt oder bekämpft, kommt trotzdem nicht um sie herum. Typisch hierfür sind all die nicht mehr besonders zufriedenen Berufstätigen, deren größte Freude im Leben nur noch darin besteht, zu verreisen. Hier sollte man sich daran erinnern: Wenn es woanders immer besser als daheim ist, braucht man in der neuen Lebensphase möglicherweise ein neues Daheim – etwas, das aufregender, interessanter, abenteuerlicher oder erfüllender ist.


Der zukünftige ideale Wohnort spielt bei derartigen Überlegungen fast immer eine zentrale Rolle, soll er doch besser zu dem inzwischen veränderten Selbst passen. Wer sich bisher in einer Millionenstadt wie Hamburg, Berlin oder München wohlgefühlt hat, wünscht sich nun eventuell mehr Ruhe und Natur. Wer bisher vor allem für seinen Beruf gelebt und deshalb in die Nähe der großen Medienunternehmen mit ihren Karrierechancen gezogen ist, sieht sich in seiner neuen Lebensphase vielleicht eher als Selbstständiger, der von daheim, aus dem Häuschen im Grünen oder sogar vom Ausland aus arbeitet.


Andere verstehen die neuen Prioritäten oft nicht
Dass andere derartige Wünsche nicht verstehen und meist sogar vor der Umsetzung warnen („Willst du wirklich alles aufgeben, was du dir aufgebaut hast?“), ist normal. Sie sind selbst eben in einer anderen Lebensphase und werden es vielleicht später einmal verstehen. Hier ist es immer sinnvoll, jemanden zu fragen, der derartige Erfahrungen bereits gemacht hat. Beispiel: Wer sich selbständig machen will, wird von Gesprächspartnern, die immer angestellt waren, gewarnt werden („Ich finde das viel zu riskant, gerade in diesen Zeiten“). Sinnvoller ist hier ein Gespräch mit jemandem, der selbständig war oder ist.


Auch der berufliche Schritt zurück wird von denjenigen, die gerade noch an ihrer Karriere arbeiten und um die nächste Beförderung kämpfen, nicht verstanden. Dabei will (und muss) man auch in der neuen Lebensphase weiterhin Geld verdienen, wünscht sich interessante Aufgaben und angenehme Kollegen. Aber nun ist der Blick weiter, beurteilt man umfassender: Wie lässt sich das mit dem Wunsch nach mehr Zeit für anderes, mit mehr Sinnhaftigkeit verbinden – und was ist wichtiger, wenn nicht alles gleichzeitig geht? So trifft man Entscheidungen, die manchmal auch Partner und gute Freunde erst nicht verstehen.


Veränderte Prioritäten sollte man bei Entwicklungs- bzw. Bewerbungsgesprächen offen ansprechen. Das macht einen zwar verletzlich und angreifbar. Aber damit geben Sie Ihrem Gegenüber die Chance, Sie zu verstehen und ebenso offen zu sein. Dabei geht es nicht um Maximalforderungen, sondern um erkennbare Prioritäten und um Ihre Bereitschaft, für sie einzustehen. Zeigt sich dabei früh, dass der Arbeitgeber ganz andere Vorstellungen hat und Kompromisse unmöglich sind, bewahren Sie sich vor beiderseitiger späterer Enttäuschung und verlorener Lebenszeit – und suchen lieber direkt weiter, bis es wirklich passt.


Im Rückblick, wenn man in seiner neuen Lebensphase angekommen ist und sich wieder eingerichtet hat, denkt man oft: „Warum habe ich nur so lange gewartet und gezögert?“ Oder auch: „Selbst hätte ich mich das nie getraut, da hat mir das Schicksal einen Schubs gegeben – nicht angenehm, aber es war wichtig.“ Wer regelmäßige Veränderungen erwartet und darauf vorbereitet ist, sieht ihnen bald mit weniger Angst entgegen, klammert sich nicht mehr ständig ans Bestehende: Immer wieder wird etwas Neues kommen, und immer wird es auf seine Art gut werden.

 

Zur vergangenen Kolumne: KI in den Redaktionen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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