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Mut zur Zukunft: Einfach machen – trotz aller Zweifel?

Mut zur Zukunft: Einfach machen – trotz aller Zweifel? Attila Albert

Studium, Neustart, Auswandern? Viele Medienprofis träumen vom großen Umbruch – und bleiben doch im Alten. Karrierecoach Attila Albert erklärt, wie mutige Schritte klug geplant werden.

Berlin – Als ich Mitte 30 war, damals leitender Redakteur, ließ mich ein Gedanke nicht mehr los: Ich wollte noch einmal berufsbegleitend studieren. Es war nicht zwingend, würde anstrengend werden und zudem kostspielig wegen der Studiengebühren und des Einkommensverlustes (Teilzeit über drei Jahre). Einige Kollegen belächelten die Idee, einer spottete, was ich denn so spät noch mit diesem Abschluss wolle. Ich habe es trotzdem gemacht und danach – wiederum gegen den Rat vieler – meine Festanstellung nach 20 Jahren gekündigt und bin ins Ausland gezogen. Jede dieser „verrückten Ideen‟ war im Rückblick genau richtig.

 

Viele Medienprofis haben vergleichbare Zukunftsideen. Sie wollen noch einmal studieren oder den Beruf wechseln, sich selbstständig machen, auswandern oder anderweitig neu orientieren. Das heißt: Etwas tun, das nicht ganz naheliegend ist und auch nicht von allen gemacht wird. Natürlich passt es gerade nicht, und so zögert man anfangs: „Soll ich das wirklich riskieren, ist es das wert?‟ Schnell sind die Argumente dagegen aufgezählt: Was alles schiefgehen könne, wie froh man schon über das sein müsse, was man haben, dass es bei anderen nicht funktioniert oder zumindest „nichts gebracht‟ habe.

 

Doch der persönliche Lebenstraum ist oft hartnäckig und lässt sich auch von all den – durchaus berechtigten Zweifeln und Einwänden – nicht vertreiben. Wie dann weiter? Hier einige Gedanken, wie man solch eine Entscheidung überlegt treffen könnte.

 

Motiviert, das Notwendige zu tun
Eine Idee für die eigene Zukunft, die über das Vorhersehbare hinausgeht, kann ungeheuer belebend und motivierend wirken. Man malt sich aus, was man aus sich und seinem Leben machen könnte, was man dabei empfinden und wie einen andere dann sehen würde. Solch ein Lebenstraum hebt einen gedanklich über den Alltag hinaus und führt oft dazu, dass man die nötigen Anstrengungen bereitwillig auf sich nimmt. Psychologen nennen das „Belohnungsaufschub‟. Beispiel: Auf mehrere Urlaube verzichten oder sie bescheidener angehen, dafür Zeit und Geld in einen nächsten, echten Karriereschritt investieren.

 

Ich kenne gar nicht wenige Medienprofis, die ihrem Lebenstraum gefolgt sind. Eine frühere Kollegin ist heute Pfarrerin, ein anderer nun Anwalt mit eigener Kanzlei. Zwei sind jetzt Fernsehproduzenten, andere Romanautoren; aber auch Lehrer und Kindergärtner sind dabei. Mehrere sind ins Ausland gezogen, u.a. als Korrespondenten, freie Chefredakteure, Berater oder Autoren. Einige haben sich als Einzelunternehmer (z. B. für Content oder PR) selbständig gemacht, zwei beschäftigen dabei inzwischen jeweils mehr als 50 Mitarbeiter. Eine Klientin will Medizin studieren, die andere – eigentlich Texterin – Fotografie.

 

Viele belassen es bei einer Träumerei
Viele belassen es bei der Überlegung. Für sie bleibt es bei einer angenehmen Träumerei, die über Frustphasen hinwegtröstet, bei einer immer wieder verschobene Sehnsucht („Vielleicht irgendwann später mal…‟). Tatsächlich lassen sich viele Gegenargumente nennen, die aber im Kern viel mit Risikoscheu und Bequemlichkeit zu tun haben. „Ich würde ja gerne, aber …‟, ist faktisch immer eine Ausrede, denn andere machen es bei vergleichbaren Umständen (z. B. Stress im aktuellen Job, finanzielle Knappheit, Belastung für den Partner und die Familie). Sie sind nur mutiger und entschlossener.

 

In diesen Phasen des Zweifels ist es heikel, wahllos andere (z. B. Partner, Eltern, Freunde) nach Rat zu fragen. Sie können die besten Absichten haben, aber doch völlig daneben liegen. „Was würdest du an meiner Stelle machen?‟, ist eine unsinnige Frage. Andere sind nicht an der eigenen Stelle, haben verschiedene Vorstellungen und Wünsche, müssen auch die Folgen ihrer Empfehlungen nicht tragen. Wenn Sie andere um Rat fragen, achten Sie auf Neutralität und Kompetenz. Beispiel: Wenn Sie überlegen, sich selbstständig zu machen, fragen Sie niemanden, der immer nur angestellt war, sondern einen Gründer.

 

Geplant, aber pragmatisch vorgehen
Das Gespräch mit einem neutralen, kompetenten Gegenüber lenkt den Blick auf die Details: Was bräuchte es für einen Erfolg, wie lassen sich die Risiken realistisch abschätzen und mindern, wie die Sorgen und Interessen anderer (z. B. Familienmitglieder) berücksichtigen? Wer dabei auf perfekte Umstände und die Zustimmung aller wartet, wird sich nie weiterentwickeln. Perfektionismus ist der Weg in die jahrelange Stagnation. Stattdessen braucht es geplantes, aber pragmatisches Vorgehen. Dazu, wenn man jahrelang anderen zuliebe zurückgesteckt hat, Durchsetzungskraft: „Tut mir leid, jetzt bin ich mal dran!‟

 

Manchmal muss man es einfach angehen
Die Risiken jeder Veränderung muss man sich natürlich leisten können, sowohl nervlich als auch finanziell. Die persönliche Schmerzschwelle liegt dabei bei jedem woanders, aber ein zumindest zeitweiser Verzicht (z. B. bei Zeit für Hobbys, Konsumausgaben, Urlaube) ist fast immer unabwendbar. All das nimmt man gern in Kauf, wenn damit die Erfüllung des eigenen Lebenstraums näher rückt. Ist das Ziel attraktiv genug, ist man dazu bereit und nimmt kalkulierte Risiken in Kauf, weil man sich nur so neue Chancen erschließen kann. Umso hilfreicher ist es, wenn einen der Partner dabei ermutigt und praktisch unterstützt.

 

Lässt einen ein Lebenstraum über Jahre nicht los, sollte man ihm – so meine persönliche Überzeugung – zumindest eine Chance geben. Das Leben ist endlich, und man will nicht Jahre später zurückblicken und bereuen müssen, es nicht zumindest versucht zu haben. Es ist nicht garantiert, dass man seine Idee ganz ohne Kompromisse umsetzen kann und das Ergebnis so ausfällt, wie man es sich erhofft hatte. Aber man konnte es zumindest ausprobieren und dabei dazulernen, auch über sich selbst. Schon all das hat einen nicht zu unterschätzenden Wert: Es macht das eigene Leben reicher und interessanter.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wie Medienprofis neue Zuversicht finden

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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