Jobs
Newsroom

Mehr Erfolg durch Spezialisierung: Warum Medienprofis eine klare berufliche Nische brauchen

Mehr Erfolg durch Spezialisierung: Warum Medienprofis eine klare berufliche Nische brauchen Attila Albert

Mediencoach Attila Albert erklärt, weshalb Spezialisierung für Medienprofis immer wichtiger wird – und welche Wege zu einem belastbaren Expertenprofil führen.

Berlin – Wer sich in den vergangenen Jahren beworben hat, wird bei den Ausschreibungen und mehr noch in den Auswahlverfahren gemerkt haben, wie detailliert und spezifisch die Anforderungen geworden sind. Häufig erwecken sie ernste Zweifel daran, ob es überhaupt jemanden gibt, der sie erfüllt. Verschiedene Veränderungen im Arbeitsmarkt spiegeln sich hier wieder: Der Fokus der Unternehmen auf Nischen im Wettbewerb, um bestehen zu können, überlastete Vorgesetzte und kleine Teams, die jemanden suchen, der nicht mehr eingearbeitet werden muss, sondern direkt einsteigen kann, dazu der Versuch des HR, den eigenen Auswahlaufwand vorab durch besonders ausgefeilte Kriterien zu begrenzen.


Aber auch für den individuellen Medienprofi ist eine Spezialisierung vorteilhaft, wie ich in einer früheren Kolumne geschrieben habe. In einem schwierigen Arbeitsmarkt erscheint es zwar vorteilhaft, als Generalist aufzutreten, der flexibel auf verschiedene Anforderungen und Ausschreibungen reagiert. Doch Generalisten sind leichter austauschbar, weil ihnen die fachliche Tiefe fehlt. Sie konkurrieren mit vielen anderen um ähnliche Stellen und müssen daher häufiger finanzielle Zugeständnisse machen. Das Profil eines Spezialisten passt auf weniger Stellen, er hat dafür wesentlich weniger Konkurrenten und kann daher mehr fordern. Spätestens ab Mitte 30 sollte man sich daher spezialisieren.


Auf ein Thema, eine Methode oder einen Stil spezialisieren
Spezialisierung bedeutet, in einem bestimmten Gebiet zum Experten zu werden, sich so von anderen abzuheben und bei der Vergabe von Stellen bzw. Aufträgen bevorzugt zu werden. Medienprofis können sich auf dreierlei Weise spezialisieren:

  • Durch die Wahl eines bewusst eng gefassten Themengebietes (z. B. Energie- oder Agrarwirtschaft), in dem sie besondere Kenntnisse und Kontakte aufbauen;
  • durch die Wahl einer besonderen Arbeitsmethode (z. B. Investigativ- oder Datenrecherche), den anderen nicht so leicht imitiert können oder
  • durch die Wahl eines eigenen Umsetzungsstils (z. B. Ich-Reportagen, Texte im Paket mit selbst produzierten Audio- oder Videoinhalten).

 

Selbstverständlich sind auch Kombinationen als Mehrfach-Spezialisierung möglich. Beispiel: Thematischer Fokus auf weibliche Führungskräfte in der Wirtschaft, dadurch bald exklusive Zugänge; journalistische Umsetzung durch Portraits und Interviews. Entscheidend ist, dass die Wahl der Spezialisierung sowohl den eigenen Neigungen als auch einem Marktbedarf entspricht, um damit ein angemessenes Einkommen erzielen zu können. Zwar kann man schon nach wenigen Beiträgen zum gleichen Thema als „Experte“ gelten, aber eine substanzielle Spezialisierung erfordert immer eine mehrjährige Anstrengung und sollte deshalb nicht auf zu zeitgeistige, damit potenziell kurzlebige Trends aufbauen.


Aus- und Weiterbildung: Fachwissen aufbauen
Journalisten haben sich allerdings für generalistische Studienrichtungen – z. B. Politik, Geschichte, Kommunikation, Germanistik, Anglistik – entschieden, typischerweise mit einem Volontariat ergänzt. Bachelor-, Master- oder vergleichbare Abschlüsse sind heute zwar zwingend für die formale Qualifizierung für Fach- und Führungspositionen, eine echte fachliche Spezialisierung fehlt hier aber. Dafür empfiehlt sich in diesen Fällen eine spätere spezifischere Weiterbildung. Ein überlegt ausgewähltes, praxisnahes Lernprogramm belegt, dass man sich detailliert mit einem relevanten Spezialgebiet beschäftigt hat. Mehrmonatige berufsbegleitende MAS- oder CAS-Programme sind dafür optimal.


Bis Mitte 30 können Medienprofis auch bedenkenlos noch ein volles Erst- oder Zweitstudium beginnen, wenn sie den Bedarf dafür haben (z. B. bisher nur Abitur und Volontariat als höchste Abschlüsse). In diesem Alter sollten sie sich dann direkt für eine spezifische Studienrichtung entscheiden und entschlossen sein, in der Regelzeit von zwei bis vier Jahren abzuschließen. Eine Fachhochschule ist hier wegen ihrer Praxisnähe oft die bessere Wahl als eine Universität. Die bisherige Berufserfahrung erleichtert diesen Medienprofis, den Lernstoff aufzunehmen und direkt anzuwenden. Vieles lässt sich auch zeitsparend kombinieren, z. B. ein aktuelles Job-Thema für die Seminararbeit nutzen.


Praxiserfahrung: Erfolgsausweis für sich und andere
Theoretisches Wissen ist allerdings zu wenig, das Anhäufen von Zertifikaten ohne einen nachfolgenden Karriereschritt langfristig sogar kontraproduktiv. Letzteres ist für erfahrene Personalverantwortliche ein Hinweis darauf, dass es nach dem Abschluss an Mut und Konsequenz gefehlt haben, sich beruflich zu verändern. Zudem haben viele Arbeitgeber die Erfahrung machen müssen, dass Mitarbeiter trotz hervorragender Abschlüsse in der Praxis wenig beitragen konnten. Suchen Sie also bereits an Ihrem aktuellen Arbeitsplatz entschlossen nach Gelegenheiten, Ihre Spezialisierung auszuüben, zu verbessern und auszubauen – als Erfolgsausweis zuerst für sich, dann auch für andere.


Am einfachsten geht das, indem Sie bereits Ihre aktuelle Tätigkeit in die gewünschte Richtung lenken, z. B. nun bevorzugt Beträge zu Ihrem neuen Spezialgebiet vorschlagen. Oft stellen sich Stellenprofile als flexibler als gedacht heraus, wenn man sich nur konsequent bemüht. Alternativen sind eigene Projektvorschläge, die man anfangs häufig erst ohne zusätzliche Vergütung neben seiner eigentlichen Tätigkeit umsetzen muss. Nach den ersten Erfolgen kann man neu verhandeln: Mehr Geld und mehr Zeit für das neue Arbeitsgebiet, dafür bisherige Aufgaben abgeben. Weitere Möglichkeiten sind Rotationen und Hospitanzen, eventuell mit Kostenteilung und unter Einsatz von Urlaubstagen.


Eigene Projekte: Nicht vom Arbeitgeber stoppen lassen
Immer wieder kommt es jedoch vor, dass Medienprofis feststellen müssen, dass ihr Arbeitgeber trotz anderslautenden Beteuerungen ihre berufliche Weiterentwicklung hemmt oder unmöglich macht (z. B. keine Veränderungen erlaubt). Hier können eigene Projekte ein Ausweg sein, eventuell in Kombination mit einem Wechsel auf Teilzeit oder innerhalb einer unbezahlten Freistellung: Die gewünschte Spezialisierung für sich selbst umsetzen, nun eben mit externen Auftragnehmern bzw. Kunden. Typische Beispiele: Gelegentlich nebenbei frei für andere Medienhäuser arbeiten, ein Buch schreiben, einen Podcast oder Newsletter konzipieren, umsetzen und vermarkten (Abos, Anzeigen), Events moderieren.


Dieser Weg führt zu Konflikten, wenn Arbeitgeber derartige Nebentätigkeiten mit dem Hinweis auf Regelungen im Arbeitsvertrag oder durch psychischen Druck (Drohungen) unterbinden wollen. Für eine gewisse Zeit lässt er sich aber dennoch, mit Vorsicht und Diskretion, verfolgen und erlaubt die persönliche Emanzipation. Man wird praktisch und auch mental zu einem Spezialisten, der sich nicht mehr so leicht einschüchtern lässt, weil er zunehmend auch andere Optionen hat. Verhandlungen für mehr Freiheiten führt man dann selbstbewusster und mutiger, schaut sich auch schon wirklich nach beruflichen Alternativen um – bei passenderen Arbeitgebern oder mit der eigenen Selbständigkeit.

 

Zur vergangenen Kolumne: Den Neustart wagen

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

www.media-dynamics.org