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Medienprofis mit Geld: Vermögend heißt nicht, finanziell unabhängig zu sein

Medienprofis mit Geld: Vermögend heißt nicht, finanziell unabhängig zu sein Attila Albert

Eigentumswohnung von den Eltern geschenkt, reich geheiratet oder geerbt: Wer nicht hauptsächlich zum Gelderwerb arbeiten muss, tut sich oft schwer damit, eine andere Motivation zu finden. Aber es gibt auch noch andere Herausforderungen, sagt Mediencoach Attila Albert und nennt Auswege.

Berlin – Häufig geht es in den Branchendiskussionen – und damit auch in meiner Kolumne – um finanzielle Herausforderungen und Wünsche (z. B. Gehaltserhöhung oder Anpassung des Honorars). Dabei wird leicht vergessen, dass es auch viele Medienprofis mit Geld gibt: Sie kommen aus einem vermögenden Elternhaus, haben reich geheiratet oder bereits geerbt; manche haben lange sechs- oder siebenstellig verdient und entsprechend gespart. Das befreit von vielen Sorgen, bringt dafür andere Herausforderungen mit sich.

 

So kann es vorkommen, dass theoretisch finanziell unabhängige Medienprofis trotzdem Mühe haben, eine unerwartete Rechnung (z. B. Reparatur) zu bezahlen, weil sie nicht auf ausreichende liquide Mittel geachtet haben. Andere belastet das schlechte Gewissen, ihr Vermögen nicht selbst erarbeitet zu haben – ist das nicht irgendwie ungerecht den anderen gegenüber? Auch das Selbstbewusstsein leidet, wenn man als Erwachsener z. B. finanziell weitgehend von den Eltern lebt. Doch es gibt auch hier immer Auswege.

 

Schlechtes Gewissen: Sich als Treuhänder verstehen
Wer sein vorhandenes oder kommendes Vermögen nicht selbst erarbeitet hat, befindet sich oft in einem Zwiespalt: Einerseits froh und dankbar darüber, sich keine finanziellen Sorgen machen zu müssen. Andererseits mit einem schlechten Gewissen, es ohne eigene Leistung erhalten zu haben, während andere ihr Leben lang kämpfen müssen. Ausweg: Verstehen Sie sich nicht als Erbe, sondern als Treuhänder. Zwar haben Sie das Erbe nicht erarbeitet, aber Ihre Vorfahren. Sie ehren deren Leistung, indem Sie nun Ihren Teil tun: Erhalten und vermehren Sie es, indem Sie es produktiv einsetzen und später wiederum weitergeben.

 

Keine Übersicht: Vermögen und Einnahmen klären
Ein vermögender familiärer Hintergrund kann leicht den falschen Eindruck erwecken, dass Geld gar keine Rolle mehr spiele. Diese Medienprofis beschäftigen sich dann kaum weiter mit finanziellen Fragen, weil ja „genug da ist‟. Das kann zu unangenehmen Überraschungen führen, wenn es plötzlich doch knapp wird. Ausweg: Verschaffen Sie sich eine fortlaufende Übersicht, was Sie schon haben, was Sie erhalten werden und wann – und wie viel Sie jeden Monat brauchen. Unterscheiden Sie dabei klar zwischen fest angelegtem und sofort frei verfügbarem Vermögen sowie zwischen Immobilien, Geldanlagen und Bargeld.

 

Zu wenig liquide: Gehalt bzw. Umsatz steigern
Häufig erhalten Medienprofis mit vermögenden Eltern früh eine Eigentumswohnung oder ein Haus geschenkt. Wird die Immobilie selbst genutzt, reduziert das die eigenen Fixkosten beträchtlich, da die monatliche Mietzahlung entfällt. Trotzdem braucht es fortlaufend auch Geld: Sowohl für die Immobilie (Hausgeld, Nebenkosten) wie alles Weitere. Ausweg: Besteht Ihr Vermögen vor allem aus einer Immobilie oder anderen festen Anlagen (z. B. Firmenanteile), müssen Sie besonders darauf achten, dass zusätzlich jeden Monat genug Geld hereinkommt. Das bedeutet auch für Sie: Fokus auf mehr Gehalt bzw. Umsatz.

 

Fehlende Motivation: Mut zu größeren Projekten
Die meisten Berufstätigen arbeiten schon deshalb, weil sie das Einkommen für ihren Lebensunterhalt brauchen. Bei vermögenden Medienprofis ist das nur begrenzt oder gar nicht der Fall. Das kann dazu führen, dass ihnen die Motivation fehlt oder sie sich mit Aktivitäten aufhalten, die wenig oder gar kein Geld einbringen. Ausweg: Sehen Sie Ihre Situation nicht als Luxus, sondern als besondere Chance und Verpflichtung. Sie können mehr riskieren als andere, z. B. ein Unternehmen starten, das nicht sofort Gewinn machen muss, Ihre Ansichten offener äußern, weil Sie nicht auf jeden Job angewiesen sind. (Wenn Ihnen bisher ein berufliches oder persönliches Lebensziel fehlt, das über den Gelderwerb hinausgeht, kann das Gespräch mit einem Mentor oder Coach helfen.)

 

Warten aufs Erbe: Finanzielle Eigenständigkeit angehen
Wer einmal ein Erbe erwarten kann, weiß das häufig schon in jungen Jahren. Das kann bei diesen Medienprofis allerdings zu der Einstellung führen, dass sich der eigene Gelderwerb kaum lohne: Sie arbeiten zwar, gehen aber in Bezug aufs Finanzielle im Grunde davon aus, dass es später sowieso durch die Erbschaft gelöst wird. Ausweg: Agieren Sie so, als hätten Sie nichts zu erwarten. Das sichert Sie gegen denkbare Fälle ab (z. B. Eltern ändern das Testament, Wertverlust des Erbes) ab. Zudem verschafft Ihnen das den Stolz, es aus eigener Leistung geschafft zu haben. Sehen Sie das Erbe, wenn es dann kommt, als Bonus.

 

Ungleiche Partnerschaft: Unprätentiöser Lebensstil
Auch in Beziehungsfragen ergeben sich, hat einer deutlich mehr als der andere, viele Unklarheiten. Wie verhindert man schon beim Dating, dass der andere nicht zuerst auf den finanziellen Vorteil spekuliert? Soll der Vermögende später alles bezahlen – oder seine Ansprüche senken, damit der andere gleichberechtigt beitragen kann? Ausweg: Vieles löst bereits ein unprätentiöser Lebensstil, denn dann wird der Vermögensunterschied nur im Ausnahmefall (z. B. Urlaub, Immobilienkauf) ein größeres Thema. Klären Sie ansonsten früh und am besten schriftlich, was jeder einbringen wird und im Gegenzug erhält.

 

Medienprofis mit Geld sind, vom Aspekt des Vermögens abgesehen, nicht anders als ihre Branchenkollegen. Auch sie haben ihre Hoffnungen und Herausforderungen, Erfolge und Niederlagen. Es hilft, dass materielle Fragen nicht ständig im Vordergrund stehen müssen, dafür ist die eigene Motivation oft schwieriger. Manchmal auch, für die eigenen Erfolge anerkannt zu werden und nicht nur für die Leistungen der Eltern oder Vorfahren. Doch jeder ist ein Individuum mit eigenem Wert, und der misst sich nicht nur allein in Geld.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne: Abschied für den neuen Job

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.