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Karriere-Check zum Jahreswechsel: Wo stehe ich – und wo will ich hin?

Karriere-Check zum Jahreswechsel: Wo stehe ich – und wo will ich hin? Attila Albert

Der Jahreswechsel eignet sich besonders, um die eigene berufliche Situation nüchtern zu überprüfen. Karrierecoach Attila Albert erklärt, warum eine regelmäßige Standortbestimmung gerade für Medienprofis entscheidend ist.

Berlin – Wenn Medienhäuser einen erneuten Stellenabbau oder ein „Freiwilligenprogramm“ – selbst gewählter Ausstieg gegen Abfindung – ankündigen, trifft das erstaunlich viele Medienprofis unvorbereitet. Zwar haben sie in der Vergangenheit schon „überlegt“, wie es um ihre berufliche Sicherheit und Perspektive bestellt ist, aber nie etwas ernsthaft geplant und vorbereitet. Erst bei der Suche nach einer neuen Stelle oder der Vorbereitung einer möglichen Selbständigkeit stellt sich dann die Einsicht ein, dass sie durch ihre Untätigkeit Jahre verloren haben. Gerade langjährige Angestellte finden sich in einer völlig veränderten Branche wieder, in der sie sich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt neu orientieren müssen.

 

Eine regelmäßige Standortbestimmung schützt davor, zu lange nicht zu erkennen, wo man realistisch steht („Marktwert“) und wohin man sich entwickeln müsste, um seine berufliche Zukunft ausreichend abzusichern. Solch eine Standortbestimmung hat drei Komponenten: eine Einschätzung der derzeitigen Position, die Formulierung eines Ziels und die Feststellung, was es bräuchte, um es zu erreichen. Der Jahreswechsel bietet dafür die Gelegenheit und freie Zeit (Feiertage), zudem stellt er bereits für sich einen Abschluss und Neubeginn dar und motiviert durch diese Symbolkraft. Doch worüber nachdenken, wenn man aktuell gar keinen dringenden Veränderungswunsch hat? Dazu einige Gedanken.

 

Aktuelle Position: Möglichst objektiv bewerten

Jede Standortbestimmung beginnt mit der aktuellen Verortung: Wo steht man gerade? Dabei geht es um den Beruf im engeren Sinne – Stelle, Hierarchieebene, Aufgaben, Kompetenzen, Gehalt –, aber auch um sein Wechselspiel mit anderen Lebensbereichen (z. B. Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen, Zeit für Hobbys und Sport). Wenn immer möglich, sollte man für die Bewertung objektive Kriterien heranziehen, etwa das eigene Gehalt mit dem Gehaltstarifvertrag oder einem der regelmäßigen Kress-Pro-Gehaltsreports vergleichen. Auch Vergleiche mit anderen – etwa mit denjenigen, die man noch von der Uni oder aus dem Volontariat kennt – geben einem Hinweise darauf, wo man selbst steht.

 

Daneben zählen ebenso subjektive Einschätzungen, etwa die persönliche Bewertung von Arbeitszufriedenheit, Sinnerfüllung, Freude und Spaß am Arbeitsplatz. Diese kann man auf einer Skala von 1 (absolut unzufrieden) bis 10 (absolut zufrieden) bewerten und zusätzlich auch verbal beschreiben. Hierfür eignet sich das Gespräch mit einer Vertrauensperson, denn oft ordnen sich die Gedanken und Gefühle erst, wenn man sie gedanklich formuliert und ausspricht. Das hilft auch, die eigene Position zu den o. g. objektiven Bewertungen zu klären. Beispiel: Das eigene Gehalt liegt unter den Vergleichswerten für die Branche – stört einen das oder kommt man auch so gut aus und ist zufrieden?

 

Zukunftsziel: Gewünschte Entwicklung beschreiben

Der aktuelle Standort beschreibt eine Momentaufnahme, die keinen dauerhaften Bestand haben wird. Die Welt verändert sich fortlaufend, die Medienbranche ist sowieso ständig im Umbruch, und auch man selbst ist nicht mehr der, der man früher war. Um nicht ausschließlich darauf zu reagieren, ist es hilfreich, sich ein eigenes Zukunftsziel zu setzen. Es muss nicht ganz spezifisch und genau sein, sollte aber zumindest die ungefähre Richtung beschreiben, die man sich wünscht. Beispiel: inhaltlich anspruchsvollere Aufgaben, mehr Freiräume für eigene Projekte – idealerweise die Möglichkeit, einen festen Teil des Jahres im Ausland zu verbringen und von dort aus zu arbeiten („Workation“).

 

Hierbei geht es nicht darum, dass man sich ständig neue oder gar höhere Ziele setzen müsse, nicht einmal sich ständig verbessern („optimieren“). Sondern: sich überlegen, was die eigenen Prioritäten und Wünsche sind, damit man nicht nur praktischen Zwängen und den Bedürfnissen und Entscheidungen anderer folgt, seien es Vorgesetzte oder die eigene Familie. Der Wunsch, dass alles so bleiben soll, wie es ist, ist eine Form der Realitätsverweigerung. Wer sich nicht verändern will, stagniert und bleibt langfristig zurück, da sich alles andere verändert. Formulieren Sie also ein Ziel für Ihre Zukunft, schreiben Sie es kurz auf oder stellen Sie es anderweitig kreativ dar (z. B. in Form einer Fotocollage).

 

Weg zum Ziel: Nächste Schritte festlegen

Der Unterschied zwischen dem aktuellen Standort und dem Zukunftsziel beschreibt den Weg, der zurückzulegen ist, um es zu erreichen. Er kann mitsamt der notwendigen Schritte klar erkennbar, fast selbsterklärend sein. Beispiel: Man peilt als bisheriger Reporter ein Jahresgehalt von mehr als 100 000 Euro an, um sich einen gewissen Lebensstandard leisten zu können. Das erfordert eine Fach- oder Führungskarriere, also eine Spezialisierung und Bewerbung auf höhere Positionen. Andere treffen eher Richtungsentscheidungen, die Details müssen sich später ergeben. Beispiel: Umzug aufs Land, um mehr in der Natur sein zu können und geringere Kosten zu haben, selbstständiges Arbeiten von dort – was genau, muss noch entwickelt werden (z. B. eine Mischung aus Journalismus und PR).

 

Als Ergebnis verschafft die Standortbestimmung persönliche Klarheit und zeigt einem auf, was man selbstbestimmt und nach den eigenen Möglichkeiten jetzt schon für sich angehen kann, nicht erst in einer Notlage (z. B. absehbarer Arbeitsplatzverlust). Dafür braucht es anfangs manchmal ein wenig Überwindung. Manche wollen es erst gar nicht so genau wissen – aus Angst, mit einer gewissen ersten Ernüchterung und dem Wissen, was zu tun wäre, umgehen zu können. Doch bald stellt sich das gute Gefühl ein, die eigene Zukunft stärker selbst zu prägen und weniger von den Entscheidungen anderer abhängig zu sein. Man weiß, wo man steht, wohin man will – und ist nun schon unterwegs dorthin.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wenn der Job krank macht

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

www.media-dynamics.org 

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